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Caster Semenya verliert vor EGMR im Kampf gegen Testosteronregel, erhält aber Schadenersatz

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Die südafrikanische Leichtathletin Caster Semenya hat vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg im wichtigsten Punkt verloren. Das Gericht entschied, dass sie durch die Testosteronregel der Sportgerichtsbarkeit nicht diskriminiert wurde. Gleichzeitig erkannte der EGMR jedoch an, dass Semenya kein faires Verfahren erhalten habe und sprach ihr deshalb Schadenersatz zu.

Urteil des EGMR zur Testosteronregel und Diskriminierungsvorwurf

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 15.06.2023 das Verfahren von Caster Semenya abgeschlossen, die seit Jahren gegen die sogenannte Testosteronregel in der Leichtathletik kämpft. Die 34-jährige Olympiasiegerin über 800 Meter aus Südafrika war vom internationalen Leichtathletikverband World Athletics ausgeschlossen worden, weil sie sich weigerte, ihren natürlichen Testosteronspiegel medizinisch zu senken. Der EGMR stellte fest: „Semenya sei durch die Regeln der Sportgerichtsbarkeit nicht diskriminiert worden.“ Damit bestätigte das höchste europäische Menschenrechtsgericht den Standpunkt von World Athletics und unterstützte indirekt die umstrittene Regelung.

Gleichzeitig kritisierte das Gericht jedoch den Ablauf des Verfahrens in der Schweiz scharf: „Es habe kein faires Verfahren gegeben“, hieß es im Urteil. Aufgrund dieser Verfahrensmängel wurde Semenya ein Schadenersatz von 80 000 Euro zugesprochen. Die Klage richtete sich formal nicht gegen World Athletics selbst, sondern gegen den Schweizer Staat als Sitzland des Internationalen Sportgerichts CAS sowie weiterer Gerichte.

Der Fall zeigt eine komplexe Rechtslage zwischen sportlichen Regularien und individuellen Persönlichkeitsrechten auf internationaler Ebene auf.

Hintergrund zum Streit um die Testosteronregel und frühere Gerichtsverfahren

Seit sieben Jahren kämpft Caster Semenya dagegen an, dass sie aufgrund ihres hohen natürlichen Testosteronspiegels bei internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen wird – darunter Olympische Spiele und Weltmeisterschaften über ihre Paradestrecke 800 Meter. Als intersexuelle Athletin mit sogenannten „Abweichungen in der sexuellen Entwicklung“ verweigert sie eine medizinische Behandlung zur Senkung ihres Hormonspiegels.

Vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne sowie vor dem Schweizer Bundesgericht scheiterte sie bereits mit ähnlichen Klagen gegen diese Auflagen. Der CAS hatte bereits 2015 einen früheren Paragrafen zur Hormonregulierung verboten; dennoch führte World Athletics ab November 2018 ein neues Regelwerk ein, das seither mehrfach angepasst wurde und seit Anfang 2023 auch weitere Laufdisziplinen betrifft – etwa Rennen von 400 Metern bis hin zu einer Meile inklusive Hürdenläufen.

Struktur des urteils und rechtliche bewertung

Im aktuellen Urteil wies der EGMR darauf hin, dass es sich bei diesem Fall um ein „strukturelles Ungleichgewicht“ innerhalb der Sportrechtsprechung handele: Die Persönlichkeitsrechte von Athleten wie Semenya müssten besonders streng geprüft werden – was nach Ansicht des Gerichts durch das Schweizer Bundesgericht unterblieben sei.

Das Urteil könnte nun dazu führen, dass Teile des Verfahrens zurück ans Bundesgericht verwiesen werden müssen oder neue rechtliche Schritte folgen.

Bedeutung für den Leistungssport und Debatte um Geschlecht im Wettbewerb

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist ein weiterer Meilenstein in einer langjährigen Debatte über Geschlechtlichkeit im Leistungssport sowie Gleichbehandlung versus Chancengleichheit bei Wettbewerben mit geschlechtsspezifischen Kategorien.

Die sogenannte Testosteronregel zielt darauf ab sicherzustellen, dass Athleten mit erhöhtem natürlichem Hormonspiegel keine unfaire Leistungssteigerung gegenüber anderen Teilnehmern haben sollen – insbesondere Frauenrennen sind davon betroffen. Kritiker sehen darin jedoch eine Diskriminierung intersexueller oder transgeschlechtlicher Personen sowie einen Eingriff in körperliche Selbstbestimmung ohne ausreichende wissenschaftliche Grundlage.

Für viele Expertinnen gilt diese Thematik als eines der schwierigsten Felder moderner Sportpolitik: Es geht um biologische Vielfalt ebenso wie um faire Wettkampfbedingungen unter Berücksichtigung ethischer Standards und Menschenrechten zugleich.

Das Internationale Olympische Komitee steht dabei ebenfalls unter Druck; verschiedene Verbände ringen weiterhin darum passende Lösungen zu finden oder bestehende Regeln anzupassen – ohne eindeutige Einigkeit bisher erreicht zu haben.

Der Fall Caster Semenyas illustriert exemplarisch sowohl juristische Herausforderungen als auch gesellschaftspolitische Spannungen rund um Geschlechterfragen im Spitzensport weltweit auf höchster Ebene.

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