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Bundessozialgericht entscheidet rückzahlung von 70.000 euro rentenleistungen nach tod des versorgers

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Ein Urteil des Bundessozialgerichts verpflichtet den Sohn eines verstorbenen Rentenempfängers zur Rückzahlung von rund 70.000 Euro, die über zwei Jahrzehnte irrtümlich ausgezahlt wurden. Die Entscheidung verdeutlicht die rechtlichen Konsequenzen bei unberechtigtem Bezug von Rentenzahlungen trotz Todesfall.

Fehlerhafte rentenzahlungen trotz tod – fall aus der türkei und deutschland

Im Mittelpunkt dieses Rechtsstreits steht ein Mann, der bereits im Juli 1991 in der Türkei verstarb. Trotz seines Todes setzte die Deutsche Rentenversicherung ab November 1991 weiterhin Altersrenten auf sein Konto fort, ohne den Tod zu registrieren. Dieser Fehler blieb über zwanzig Jahre unentdeckt und führte zu einer Gesamtsumme von etwa 70.000 Euro an zu viel gezahlten Leistungen.

Erst im Jahr 2011 fiel der Fehler auf, woraufhin die Zahlungen eingestellt wurden. Bis dahin war das Geld größtenteils bereits abgehoben worden – nicht durch Dritte, sondern durch den Sohn des Verstorbenen selbst, dem eine Kontovollmacht vorlag. Die Rentenkasse konnte lediglich einen kleinen Betrag in Höhe von circa 1.500 Euro zurückfordern; der Rest war nicht mehr verfügbar.

Die lange Dauer dieser Fehlzahlungen zeigt Schwächen bei der Datenabgleichung zwischen Behörden und fehlende Kontrollmechanismen bei Todesfällen im Ausland oder mit Auslandsbezug.

Gerichtliche bewertung: nutzung als maßgebliches kriterium für rückforderung

Das Bundessozialgericht stellte klar, dass es für die Rückforderung nicht darauf ankommt, ob der Sohn wusste oder wissen konnte, dass er unrechtmäßig Zahlungen erhielt. Entscheidend sei vielmehr seine aktive Nutzung des Kontos mit regelmäßigen Abhebungen und Überweisungen – teilweise auf eigene Konten.

Der zuständige 13. Senat bewertete diese Handlungen als mittelbare Aneignung unrechtmäßig erhaltener Sozialleistungen gemäß § 118 Absatz 4 Satz 1 SGB VI . Das Gericht formulierte dies so: „Unwissenheit schützt nicht vor Rückzahlung“. Damit wird deutlich gemacht, dass auch ohne Vorsatz eine Erstattungspflicht besteht.

Diese Rechtsprechung unterstreicht den Grundsatz einer strikten Haftung für empfangene Leistungen aus öffentlichen Mitteln – insbesondere wenn sie nachweislich verbraucht wurden und somit dem Nachlass nicht mehr zugutekommen können.

Scheitern einer verrechnung mit witwenrente im gerichtlichen verfahren

Im weiteren Verlauf versuchte die Mutter des Klägers eine Verrechnung zwischen ihrer Witwenrente und der Rückzahlungsforderung anzustreben. Sie beantragte beim Gericht eine Aufrechnung dieser beiden Ansprüche in ihrem Sinne.

Das BSG wies diesen Antrag jedoch zurück mit Begründung, dass es sich um zwei rechtlich getrennte Sachverhalte handele: Zum einen um eine rechtswidrige Inanspruchnahme von Rentenzahlungen durch den Sohn; zum anderen um einen eigenständigen Anspruch auf Witwenrente seitens seiner Mutter.

Eine solche Verrechnung sei gesetzlich nicht vorgesehen und würde zudem dem Zweck widersprechen, rechtswidrig erhaltene Gelder vollständig zurückzufordern sowie berechtigte Ansprüche gesondert zu behandeln.

Gesetzliche grundlage §118 absatz4 sgb vi als basis für rückforderungen

Die Entscheidung stützt sich maßgeblich auf § 118 Absatz 4 Satz 1 SGB VI , welcher regelt: Jede Person ist zur Erstattung verpflichtet, wenn sie über Leistungen verfügt hat, welche ihr unrechtmäßig gezahlt wurden – unabhängig davon ob Vorsatz oder Kenntnis vorliegen.

Das BSG ließ auch verfassungsrechtliche Einwände gegen diese Regelung nicht gelten und bestätigte deren Verhältnismäßigkeit sowie Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz . Die Richter betonten besonders das Interesse am Schutz öffentlicher Mittel sowie an einem gerechten Ausgleich innerhalb sozialer Sicherungssysteme gegenüber Nutznießern falscher Zahlungen.

Dieses Urteil verdeutlicht damit klar das Prinzip einer konsequenten Rückforderbarkeit auch langjährig bezogener Fehlzahlungen aus gesetzlichen Rentenkassen beziehungsweise vergleichbaren Sozialleistungsträgern in Deutschland.

Folgen des urteils für zukünftige fälle versehentlich weitergezahlter sozialleistungen

Das Urteil setzt Maßstäbe für ähnliche Fälle bundesweit: Empfänger oder Nutznießer versehentlich weitergezahlter Sozialleistungen können auch nach vielen Jahren noch haftbar gemacht werden – selbst wenn sie nur mittelbar vom Zahlungsfluss profitierten oder keine Kenntnis vom Fehler hatten.

Für Behörden bedeutet dies verstärkte Anreize zur Verbesserung interner Kontrollsysteme bezüglich Sterbefällen sowie grenzüberschreitender Meldedatenabgleiche zur Minimierung solcher langanhaltenden Fehlzahlungen an Verstorbene bzw. deren Angehörige oder Bevollmächtigte.

Praktische konsequenzen für betroffene familienangehörige

Familienangehörige sollten prüfen lassen,

  • ob ihnen gegenüber Forderungen wegen irrtümlicher Leistungsauszahlungen bestehen,
  • wie lange solche Forderungszeiträume zurückreichen,
  • welche Möglichkeiten zur Ratenzahlung bestehen,
  • ob gegebenenfalls Härtefallregelungen greifen könnten,

da unerwartete Nachforderungen erhebliche finanzielle Belastungen darstellen können.

Bedeutung für soziale sicherheitssysteme in deutschland

Die Entscheidung stärkt das Vertrauen in soziale Sicherheitssysteme durch klare Regeln gegen Missbrauch bzw. unbeabsichtigten Bezug falscher Leistungen – zugleich aber auch Transparenz hinsichtlich Pflichten aller Beteiligten beim Umgang mit staatlichen Geldern.

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