Die Zahl der tödlichen Badeunfälle in Deutschland steigt kontinuierlich an. Experten des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft warnen vor den Gefahren im Wasser und appellieren insbesondere an Eltern, ihre Aufsichtspflicht ernst zu nehmen.
Ursachen für die zunehmenden badeunfälle und die rolle der eltern
Mit dem Beginn der Sommermonate steigt die Anzahl von Badeunfällen deutlich an. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft führt zwei Hauptursachen für diese Entwicklung an: Zum einen unterschätzen viele Menschen die Gefahren, die im Wasser lauern, wie etwa starke Strömungen oder plötzliche Temperaturwechsel. Zum anderen überschätzen sie häufig ihre eigenen Schwimmfähigkeiten, was das Risiko eines Unfalls erhöht.
Neben diesen Faktoren sieht Peter Harzheim, Präsident des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister, eine weitere Ursache in der mangelnden Aufmerksamkeit vieler Eltern gegenüber ihren Kindern während des Badens. In einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung kritisierte er: „Viele achten nur noch auf ihr dämliches Smartphone, aber nicht auf ihre Kinder – im Schwimmbetrieb sind die Dinger die Pest.“ Diese Ablenkung führe dazu, dass Kinder unbeaufsichtigt bleiben und somit einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind.
Schwimmmeister: nicht kindergärtner
Harzheim betont zudem, dass Schwimmmeister keine „Kindergärtner“ seien. Ihre Aufgabe bestehe darin, den Badegästen einen sicheren Aufenthalt zu ermöglichen und bei Gefahr einzugreifen. Sie könnten jedoch nicht permanent jedes Kind persönlich beaufsichtigen oder hinterherlaufen. Die Verantwortung für kleine Kinder liege daher vorrangig bei den Eltern selbst.
Rechtliche perspektiven zur aufsichtspflicht von eltern in schwimmbädern
Auch aus juristischer Sicht wird das Verhalten mancher Eltern kritisch bewertet. Der Jurist Carsten Sonnenberg erklärte gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass immer häufiger beobachtet werde, wie Eltern Schwimmbäder als reine Kinderaufbewahrungsanstalten missverstehen würden. Viele säßen entspannt auf Liegewiesen und seien mit ihren Smartphones beschäftigt – ohne genau zu wissen, wo sich ihre Kinder gerade befinden.
Dieses Verhalten könne als Vernachlässigung der Aufsichtspflicht gewertet werden und habe rechtliche Konsequenzen zur Folge. Im Falle eines Unfalls werde geprüft, ob ein sogenanntes Mitverschulden vorliege – also ob Eltern ihrer Pflicht ausreichend nachgekommen seien oder nicht vollständig Verantwortung abgegeben hätten.
Sonnenberg erläutert weiter: Die genaue Verantwortlichkeit hänge stark vom jeweiligen Ort ab – sei es ein öffentliches Hallen- oder Freibad mit professioneller Wasseraufsicht oder ein Baggersee mit begrenztem Überwachungsbereich. Entscheidend sei auch immer eine ausreichende Personaldecke beim Aufsichtspersonal sowie deren Einhaltung aller Pflichten.
Er weist darauf hin: „Man darf dabei auch nicht vergessen, dass Ertrinkende meist lautlos untergehen und nicht wie im Fernsehen mit Hilfeschreien.“ Eine wichtige Faustregel lautet demnach: Je jünger das Kind ist, desto größer ist die Pflicht der Eltern zur Beaufsichtigung; ältere Jugendliche hingegen benötigen weniger intensive Kontrolle durch Erwachsene.
Aktuelle statistik zu badetoten 2024 und präventionsmaßnahmen
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Nach Angaben der DLRG stieg die Zahl tödlicher Badeunfälle von 299 Fällen im Jahr 2021 auf 411 Fälle im Jahr 2024 an – eine alarmierende Entwicklung innerhalb weniger Jahre. Besonders betroffen sind Männer; ihr Anteil lag zuletzt bei rund 76 Prozent aller Badetoten im Jahr 2023.
Darüber hinaus zeigt sich ein Altersgefälle bei den Unfallursachen: Während jüngere Personen häufig durch Leichtsinnigkeit sowie Selbstüberschätzung gefährdet sind oder unter Alkoholeinfluss stehen, spielen bei älteren Menschen oft unerkannte gesundheitliche Probleme zusammen mit Hitzeeinwirkung sowie kaltem Wasser eine Rolle beim Ertrinken.
Prävention und bildung als schlüssel
Vor diesem Hintergrund fordert die Bäderallianz Deutschland verstärkte Maßnahmen zur Prävention von Badeunfällen bereits in jungen Jahren. Konkret soll jedem Grundschulkind Zugang zu einem nahegelegenen Schwimmbad ermöglicht werden können – dort sollen sie mindestens das Deutsche Schwimmabzeichen Bronze erwerben können. Bis zum zehnten Geburtstag sollen alle Kinder sichere Schwimmer sein, laut Zielsetzung dieser Initiative. Derzeit beherrschen rund 60 Prozent am Ende ihrer Grundschulzeit kein sicheres Schwimmen.
Diese Forderung zielt darauf ab, langfristig sowohl Unfallzahlen als auch Todesopfer durch bessere Ausbildung, frühzeitiges Training sowie erhöhte Aufmerksamkeit seitens aller Beteiligten nachhaltig zu reduzieren.