Im Westjordanland wurden Mitarbeiter der Deutschen Welle bei einem Bericht über einen Protest gegen Siedlergewalt von israelischen Siedlern angegriffen. Der Deutsche Journalistenverband und der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, fordern Schutzmaßnahmen für Journalistinnen und Journalisten.
Angriff auf DW-Korrespondenten bei Sindschil im Westjordanland
Am 04.07.2025 wurde ein Team der Deutschen Welle im Dorf Sindschil, nördlich von Ramallah, Opfer eines Angriffs durch radikale israelische Siedler. Die Korrespondentin und ihr Kameramann waren vor Ort, um über einen geplanten Protestmarsch gegen die zunehmende Gewalt sowie Landnahme durch israelische Siedlungen zu berichten. Während ihrer Arbeit wurden sie mit Steinen beworfen und verfolgt. Trotz des Angriffs konnten sich die beiden Mitarbeitenden unverletzt in Sicherheit bringen; ihr Fahrzeug wurde jedoch erheblich beschädigt.
Die Deutsche Welle verurteilte den Vorfall scharf. DW-Intendant Peter Limbourg betonte: „Wir fordern ganz klar: Die israelische Regierung muss die Sicherheit aller Journalistinnen und Journalisten im Westjordanland gewährleisten.“ Er hob hervor, dass Pressefreiheit eine unverzichtbare Säule jeder Demokratie sei, deren Schutz auch in Konfliktgebieten oberste Priorität haben müsse.
Das Dorf Sindschil befindet sich im palästinensisch verwalteten Teil des seit 1967 besetzten Westjordanlands. Dort hatten Anwohner kürzlich berichtet, dass ein neu errichteter Zaun sie teilweise vom Zugang zur zentralen Nord-Süd-Achse Straße Nr. 60 abschnitt. Dies erschwere nicht nur den Ortszugang erheblich, sondern beeinträchtige auch die landwirtschaftliche Ernte vor Ort.
Neben dem Team der Deutschen Welle waren auch weitere internationale Medien wie AFP, die New York Times sowie die Washington Post anwesend, um über den Protest zu berichten. Mehrere Journalistinnen und Journalisten mussten aufgrund der Angriffe fliehen – trotz deutlich sichtbarer Pressewesten als Kennzeichnung ihrer Tätigkeit.
Forderungen nach aufklärung und schutzmaßnahmen
Der Deutsche Journalisten-Verband reagierte unmittelbar auf den Angriff mit einer deutlichen Verurteilung radikaler Gewalt gegen Medienschaffende im Westjordanland. Bundesvorsitzender Mika Beuster erklärte: „Es kann nicht sein, dass radikale Siedler ungestraft Jagd auf Medienschaffende machen.“ Er forderte eine umfassende Aufklärung des Vorfalls sowie juristische Konsequenzen gegenüber den Tätern.
Auch der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, äußerte sich öffentlich zu dem Zwischenfall via X . Er bezeichnete Berichte über gewalttätige Übergriffe auf internationale Journalistinnen und Journalisten als „äußerst beunruhigend“. Zudem unterstrich er: „Die Pressefreiheit und die Sicherheit von Journalistinnen müssen gewährleistet sein.“ In Anbetracht wachsender extremistischer Aktivitäten innerhalb einiger jüdischer Siedlungen sei ihre Arbeit besonders wichtig für eine unabhängige Berichterstattung vor Ort.
Historische hintergründe zur besetzung des Westjordanlands seit 1967
Das Gebiet des heutigen Westjordanlands steht seit dem Sechstagekrieg 1967 unter israelischer Kontrolle – zusammen mit Ostjerusalem sowie dem Gazastreifen –, nachdem es zuvor jordanisch verwaltet worden war. Die Palästinenser beanspruchen diese Gebiete für ihren künftigen Staat; insbesondere das Westjordanland gilt als Kernregion einer angestrebten Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israelern und Palästinensern.
Der Ausbau jüdischer Siedlungen wird international überwiegend als völkerrechtswidrig eingestuft; zahlreiche Staaten lehnen ihn ab oder kritisieren ihn scharf wegen seiner Auswirkungen auf Friedensverhandlungen zwischen beiden Seiten. Im Sommer 2024 bestätigte ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs diese Einschätzung erneut ausdrücklich – ebenso wie eine UN-Resolution aus demselben Jahr einen Rückzug Israels aus besetzten Gebieten innerhalb eines Jahres forderte.
Trotz dieser internationalen Positionierung hat Israel seine Bautätigkeiten fortgesetzt beziehungsweise sogar beschleunigt: Heute leben etwa 500 000 Menschen mit israelischer Staatsbürgerschaft verteilt auf mehr als hundert offiziell anerkannte oder informell entstandene jüdische Gemeinden unterschiedlicher Größe innerhalb des besetzten Gebietes westlich des Jordans.
Diese Entwicklungen führen immer wieder zu Spannungen vor allem mit palästinensischen Bewohnern benachbarter Dörfer oder Städte – darunter auch Landkonflikte infolge neuer Straßenführungen oder Sicherheitszäune wie zuletzt bei Sindschil dokumentiert wurde.
Zunahme extremistischer gewalt durch radikale siedler nach oktober 2023
Seit dem Terroranschlag am 07. Oktober 2023 durch Hamas sowie verbündete extremistische Gruppen hat sich das Sicherheitsklima dramatisch verschärft – insbesondere im Bereich der sogenannten „Sicherheitszone“ rund um das besetzte Gebiet westlich Jerusalems bis hin zum nördlichen Rand Ramallahs inklusive angrenzender Dörfer wie Sindschil.
Radikale jüdische Gruppierungen greifen verstärkt palästinensische Ortschaften an; dabei kommen Schusswaffen ebenso zum Einsatz wie Baseballschläger oder Steinwürfe gegen Menschenleben sowie Eigentum gleichermaßen gefährdend. Häuser werden angezündet, Fahrzeuge zerstört, Felder einschließlich Olivenhaine niedergebrannt. Diese Gewalttaten führen regelmäßig zu Fluchtbewegungen betroffener Familien.
Die Behörden Israels stehen zunehmend unter Druck, solche Übergriffe wirksam einzudämmen. Kritiker bemängeln jedoch oft mangelnde Strafverfolgung gegenüber Tätern aus diesen Kreisen. Gleichzeitig wächst internationaler Druck, da solche Aktionen negative Auswirkungen sowohl auf Friedensbemühungen als auch das Ansehen Israels weltweit haben können.
Vor diesem Hintergrund gewinnt die Forderung nach besserem Schutz journalistischer Teams besondere Bedeutung: Sie sind häufig Augenzeugen solcher Ereignisse; ihre Berichte tragen wesentlich dazu bei, Öffentlichkeit herzustellen – national wie global – was wiederum politischen Handlungsdruck erzeugt.