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Landessozialgericht baden-württemberg lehnt witwenrente nach siebentägiger ehe ab

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Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat am 20. November 2023 entschieden, dass eine Witwe keine große Witwenrente erhält, wenn die Ehe nur wenige Tage dauerte. Im Mittelpunkt stand die Vermutung einer Versorgungsehe gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI.

Entscheidung des landessozialgerichts zu kurzzeitigen ehen und witwenrenten

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 20. November 2023 klargestellt, dass eine Witwe keinen Anspruch auf große Witwenrente hat, wenn die Ehe lediglich sieben Tage bestand. Das Gericht hob damit ein früheres Urteil des Sozialgerichts Reutlingen auf, das der Klägerin noch eine Leistung zugesprochen hatte. Ausschlaggebend war die gesetzliche Vermutung einer sogenannten Versorgungsehe nach § 46 Abs. 2a SGB VI.

Diese Vorschrift schützt die Rentenversicherung vor Ehen, deren alleiniger Zweck der Bezug von Hinterbliebenenrenten ist. Stirbt ein Versicherter innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung, prüft die Rentenversicherung automatisch den Verdacht einer Versorgungsehe. Die Rente wird versagt, sofern die Hinterbliebene nicht zweifelsfrei das Gegenteil beweist.

Im vorliegenden Fall heiratete die Klägerin ihren langjährigen Partner am 4. Januar 2019 während eines Krankenhausaufenthalts im Universitätsklinikum Tübingen – er litt an fortgeschrittener Niereninsuffizienz und verstarb bereits sieben Tage später am 11. Januar 2019. Die Deutsche Rentenversicherung verweigerte daraufhin den Anspruch auf Witwenrente mit Verweis auf den Verdacht der Versorgungsehe.

Das Sozialgericht Reutlingen hatte zunächst zugunsten der Frau entschieden und ihr trotz kurzer Ehezeit eine Rente zugesprochen; diese Entscheidung wurde nun vom LSG aufgehoben und damit zurückgewiesen.

Rechtliche grundlagen zur versorgungsehe und beweislast bei witwenrenten

Die Regelung in § 46 Abs. 2a SGB VI legt fest: Wer innerhalb des ersten Ehejahres einen Antrag auf Witwen- oder Witwerrente stellt, muss stichhaltige Beweise liefern, um zu belegen, dass es sich nicht um eine Versorgungsehe handelt – also keine Heirat ausschließlich zum Zweck des Rentenbezugs war.

Gefühle oder langjährige Partnerschaften genügen hierfür nicht als Nachweis; vielmehr verlangen Gerichte objektive Fakten wie:

  • Eine langfristig geplante Trauung mit konkretem Termin sowie Reservierungen
  • Einen bereits unterschriebenen Ehevertrag
  • Gemeinsame Kinder oder andere familiäre Bindungen mit wirtschaftlichen Vorteilen durch den ehelichen Status

Im aktuellen Fall fehlten solche Belege: Es gab keine konkreten Hochzeitsvorbereitungen vor Dezember 2018 oder Nachweise für feste Heiratsabsichten trotz mehrjähriger Beziehung zwischen Klägerin und Verstorbenem.

Auch religiöse oder familiäre Zwänge für eine sofortige Eheschließung lagen nicht vor – wichtige Kriterien für das Gericht bei seiner Bewertung gegen einen Versorgungszweck der Hochzeit.

Interessanterweise wertete das LSG auch ein Testament aus Februar 2018 als Indiz für ein Versorgungsmotiv: Der Verstorbene hatte seine Partnerin dort als Alleinerbin eingesetzt – dies könne auch dem Schutz ihres wirtschaftlichen Wohls dienen statt reiner Liebesbindung.

Fakten zum fall: ehe unter lebensbedrohlicher krankheit im universitätsklinikum tübingen

Die Klägerin wurde im Jahr 1958 geboren und lebte seit etwa sieben Jahren in einer festen Partnerschaft mit dem später verstorbenen Mann zusammen; erst während seines Krankenhausaufenthalts kam es zur Eheschließung am Universitätsklinikum Tübingen Anfang Januar 2019.

Der Bräutigam befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem kritischen Gesundheitszustand aufgrund fortgeschrittener Niereninsuffizienz; Dialysebehandlungen waren kaum noch möglich beziehungsweise wirkten wenig erfolgversprechend.

Nur sieben Tage nach Trauung verstarb er am 11. Januar desselben Jahres – dieser kurze Zeitraum führte unmittelbar zur Prüfung durch die Deutsche Rentenversicherung wegen möglicher Versorgungsehe gemäß gesetzlicher Ein-Jahres-Frist für Hinterbliebenenanträge bei Todesfällen kurz nach Hochzeitsschluss.

Die Ablehnung der großen Witwenrente basierte somit darauf, dass weder ausreichende Vorbereitungen noch eindeutige Heiratsabsichten dokumentiert wurden; zudem sah das Gericht keine außergewöhnlich gewichtigen Gründe gegen den Verdacht einer rein versorgungsorientierten Eheschließung. Angesichts lebensbedrohlicher Erkrankung des Ehemanns zum Zeitpunkt der Hochzeit im Krankenhausumfeld stellt dies eine anerkanntermaßen seltene Situation dar, jedoch hohe rechtliche Anforderungen an Nachweise.

Sozialpolitische bedeutung und kritik an regelungen zur witwerwitwerrentenvergabe

Blitz-Ehen wie jene im Krankenhaus sind zwar seltene Ausnahmefälle, bleiben jedoch sozialpolitisch brisant. Jährlich scheitern laut Angaben von Deutscher Rentenversicherung mehrere Hundert Anträge auf Hinterbliebenenanwartschaften aufgrund strenger Ein-Jahres-Regel.

Kritikerinnen fordern deshalb differenziertere Einzelfallprüfungen, da langjährige Pflegeleistungen oft unberücksichtigt bleiben. Diese könnten jedoch wesentliche Indizien dafür sein, dass es sich eben gerade nicht um reine Versorgungszwecke handelt, sondern um tatsächliche partnerschaftliche Bindungen.

Der Gesetzgeber versucht so, Missbrauch durch kurzfristige Heiraten ausschließlich zum Erhalt von finanziellen Leistungen zu verhindern. Gleichzeitig führt dies aber dazu, dass Betroffene ohne umfassende Dokumentation erhebliche finanzielle Nachteile erleiden können.

Gerichte verlangen daher zunehmend objektive Nachweise wie Verlobungsanzeigen, Standesamt-Anmeldungen oder Buchungsbestätigungen von Locations. Nur so lässt sich glaubhaft belegen, dass Planung über längeren Zeitraum erfolgte statt spontane Entscheidung aus reinem Versorgungsmotiv heraus getroffen wurde.

Ratgeber für betroffene paare in kritischer krankheitsphase vor heiratsschluss

Für Paare, deren Angehörige schwerkrank sind und dennoch heiraten möchten, empfiehlt sich frühzeitiges Sammeln belastbarer Belege:

  • Gespeicherte E-Mails mit Terminplänen
  • Rechnungen über Verlobungsring-Käufe
  • Reservierungen beim Standesamt oder Veranstaltungsorten

Diese Dokumente können helfen, gegenüber Behörden glaubhaft darzulegen, dass es sich um ernsthafte Heiratsabsichten handelte.

Zudem sollte bedacht werden: Späte Hochzeiten während kritischer Krankheitsphasen bergen Risiken hinsichtlich Ansprüchen auf Hinterbliebenengeldleistungen. Rechtzeitige Planung schützt davor, finanziellen Verlust einzufahren.

Betroffene sollten zudem prüfen, ob individuelle Ausnahmeregeln greifen könnten; gegebenenfalls kann Rechtsberatung sinnvoll sein, bevor endgültige Entscheidungen getroffen werden.

Ausblick: weitere rechtsmittel gegen ablehnung großer witwenrenten möglich

Die Klägerin kann gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht einlegen; dieses letzte Rechtsmittel steht offen, bis endgültig geklärt ist, ob Anspruch besteht trotz kurzer Ehezeit unter besonderen Umständen gewährt wird.

Bis dahin gilt allerdings verbindlich: Keine große Witwenrente trotz jahrelanger Partnerschaft, wenn Hochzeit erst kurz vor Tod geschlossen wurde ohne ausreichende Vorbereitung bzw. objektive Hinweise gegen Vermutung einer Versorgungsehe bestehen – bleiben unverändert gültig laut aktueller Rechtsprechung Baden-Württembergs.

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