Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass die Deutsche Rentenversicherung bei vorzeitiger Altersrente keine Abschläge auf die spätere reguläre Altersrente erheben darf, wenn eine Haftpflichtversicherung die vorzeitig gezahlten Rentenbeiträge vollständig erstattet. Dieses Urteil betrifft insbesondere Unfallgeschädigte, deren vorzeitige Rente von der Haftpflicht des Unfallverursachers übernommen wird.
Vorzeitige altersrente mit abschlägen und ihre grundlagen
Langjährig Versicherte mit mindestens 35 Jahren Wartezeit können eine Altersrente bis zu vier Jahre vor der Regelaltersgrenze in Anspruch nehmen. Dabei berechnet die Deutsche Rentenversicherung für jeden Monat, den die Rente früher bezogen wird, einen Abschlag von 0,3 Prozent. Wer also das volle Zeitfenster von vier Jahren ausschöpft, erhält dauerhaft 14,4 Prozent weniger Rente als bei einem regulären Renteneintritt.
Bis zum Geburtsjahrgang 1951 bestand zudem eine spezielle Altersrentenregelung wegen Arbeitslosigkeit. Versicherte ab einem Alter von 58 Jahren und sechs Monaten konnten diese Form der Rente beanspruchen, wenn sie mindestens 52 Wochen arbeitslos waren. Auch hier wurden später Abschläge auf die reguläre Altersrente fällig.
Der Grund für diese Abschläge liegt darin begründet, dass durch den frühzeitigen Bezug über einen längeren Zeitraum insgesamt höhere Zahlungen an den Versicherten erfolgen als bei einem normalen Renteneintritt ohne Vorbezug.
Entscheidung des bundessozialgerichts zur erstattung durch haftpflichtversicherer
Das Bundessozialgericht stellte klar: Wenn eine Haftpflichtversicherung – etwa nach einem Unfall – der Deutschen Rentenversicherung bereits geleistete Zahlungen für eine vorgezogene Altersrente vollständig ersetzt hat, entfällt der Grund für spätere Abschläge auf die reguläre Altersrente. Die Erstattung gleicht faktisch aus, was sonst durch längere Bezugsdauer zu Lasten der Rentenkasse gegangen wäre.
Im konkreten Fall hatte ein Betroffener nach einem Unfall vier Jahre lang eine Altersrentenleistung wegen Arbeitslosigkeit erhalten und anschließend seine reguläre Rente bezogen. Die Deutsche Rentenversicherung berechnete daraufhin einen Abschlag von rund 15 Prozent auf seine neue Regelaltersrente aufgrund des Vorbezugs.
Da jedoch die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers sämtliche zuvor gezahlten Beträge an die Deutsche Rentenversicherung zurückerstattet hatte, klagte der Betroffene gegen diesen Abzug beim Sozialgericht Braunschweig – mit Erfolg in allen Instanzen bis hin zum Bundessozialgericht .
Die Richter betonten ausdrücklich: „Der Zugangsfaktor zur späteren Regelaltersrente muss in solchen Fällen dem vollen Wert von eins entsprechen; ein reduzierter Faktor ist rechtswidrig.“
Klärung durch das bundessozialgericht
„Diese Entscheidung sorgt für Rechtssicherheit bei Betroffenen und verhindert eine doppelte finanzielle Belastung“, so ein Sprecher des Gerichts.
Rechtliche bedeutung und folgen des urteils für rentner nach unfall
Das Urteil schließt eine bisher bestehende Lücke im Sozialgesetzbuch VI . Dort ist zwar geregelt worden, dass sich ein erhöhter Zugangsfaktor ergibt oder entfällt je nachdem ob jemand seine vorgezogene Rente tatsächlich bezieht oder nicht. Fälle einer vollständigen Erstattung durch Dritte wie Haftpflichtversicherer waren bislang nicht explizit berücksichtigt worden.
Die Entscheidung stellt klar: Eine vollständige Rückzahlung an die Deutsche Rentenversicherung wirkt sich so aus wie ein Verzicht auf den Vorbezug selbst – es besteht kein Anspruch mehr auf dauerhafte Kürzungen wegen eines früheren Bezugszeitraums.
Damit erhalten Betroffene Rechtssicherheit und Schutz davor, doppelt belastet zu werden: Sie müssen keine dauerhaften finanziellen Nachteile erleiden trotz notwendiger Inanspruchnahme einer frühzeitig gezahlten Erwerbsminderungs- oder Arbeitslosen-Altersrentenleistung infolge eines Unfallschadens.
Diese Klarstellung trägt zur faireren Behandlung geschädigter Versicherter bei und entlastet zugleich das System sozialrechtlicher Streitigkeiten um solche komplexe Sachverhalte nachhaltig.