Die Debatte um eine mögliche Begrenzung des Anteils von Kindern mit Migrationshintergrund in Schulklassen gewinnt an Fahrt. Bundesbildungsministerin Karin Prien äußerte sich offen für eine Quote, während die Integrationsbeauftragte und der Deutsche Lehrerverband Bedenken anmelden.
Bildungsministerin Prien sieht Möglichkeit für migrationsquote an schulen
Karin Prien, Bundesbildungsministerin und Mitglied der CDU, hat die Einführung einer Quote für Kinder mit Migrationshintergrund in Schulklassen als ein „denkbares Modell“ bezeichnet. In dem TV-Format Politikergrillen mit Jan Philipp Burgard verwies sie auf das Beispiel Dänemark, wo ähnliche Regelungen bereits diskutiert oder umgesetzt werden. Prien betonte, dass es sinnvoll sei, Erfahrungen aus anderen Ländern zu prüfen und dabei über Quoten von 30 bis 40 Prozent nachzudenken.
Entscheidend sei laut Prien jedoch nicht nur die Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund in einer Klasse, sondern vor allem deren Deutschkenntnisse beim Schuleintritt. Sie sagte: „Es macht immer Sinn, sich die Erfahrungen aus anderen Ländern anzuschauen.“ Die Ministerin unterstrich damit den Fokus auf Sprachkompetenzen als Grundlage erfolgreicher Integration im Bildungssystem.
Prien wies zudem darauf hin, dass Probleme im Schulsystem nicht ausschließlich durch Migration bedingt seien. Sie erklärte: „Wir haben auch Probleme mit Kindern aus Familien, die schon immer hier waren.“ Diese Herausforderungen führten sie auf verändertes Erziehungsverhalten zurück und machten deutlich, dass Bildung und Erziehung gleichermaßen Aufgabe von Eltern sowie Schulen oder Kitas seien.
Im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD ist zudem festgelegt worden, dass bei Vierjährigen verpflichtende Sprach- und Entwicklungstests eingeführt werden sollen. Bei Förderbedarf erwarten Bund und Länder verbindliche Maßnahmen zur Unterstützung der Kinder – ein Schritt zur Verbesserung der Bildungsqualität unabhängig vom Migrationshintergrund.
Widerspruch von integrationsbeauftragter Pawlik und lehrerverband zu migrationsquote
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Natalie Pawlik lehnt eine Begrenzung des Anteils von Kindern mit Migrationshintergrund an Schulen klar ab. Sie sagte: „Deutschland braucht keine Quote im Klassenzimmer.“ Ihrer Ansicht nach lasse sich die sogenannte „Schieflage im Bildungssystem“ nicht durch Quoten lösen. Stattdessen forderte Pawlik Investitionen in gut ausgestattete Schulen sowie gezielte Förderprogramme für alle Schülerinnen und Schüler unabhängig ihrer Herkunft.
Auch der Präsident des Deutschen Lehrerverbands Stefan Düll zeigte sich skeptisch gegenüber dem Vorschlag einer Migrantenquote an Schulen. Zwar nannte er diese Idee zunächst „ideal“ und nachvollziehbar – doch er warnte vor praktischen Problemen bei deren Umsetzung: Wenn etwa 90 Prozent einer Klasse kein Deutsch als Muttersprache sprechen oder nur unvollkommen beherrschen würden, fehle das Lernen am Modell entscheidend.
Probleme bei umsetzung einer migrationsquote
Düll erläuterte weiter: „Dann wird es schwerer für die Kinder außerhalb des Unterrichts Deutsch zu sprechen; auf dem Schulhof kommunizieren sie meist weiterhin in ihrer Muttersprache.“ Zudem stellte er heraus, dass gerade Städte wie seine Heimatstadt Augsburg, wo fast die Hälfte der Bevölkerung einen Migrationshintergrund hat, kaum Spielraum bieten würden für eine Durchmischung nach Herkunftsquoten.
Aus pädagogischer Sicht sei es außerdem sinnvoller gewesen früher eingeschulte Kinder gemeinsam ihren Schulweg bestreiten zu lassen – also innerhalb ihres Wohnbezirks zur Schule zu gehen –, was durch starre Quotenregelungen erschwert würde.
Bildungspolitische herausforderungen zwischen bund und ländern bei integrationsfragen
Die Zuständigkeit für Bildung liegt überwiegend bei den Bundesländern; daher kann der Bund keine einheitlichen Regeln zum Umgang mit möglichen Obergrenzen beim Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund vorschreiben oder verbindliche Sprachtests flächendeckend einführen. Dies gilt sowohl für Quotenvorschläge als auch sprachliche Fördermaßnahmen gemäß Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD.
Eine Umsetzung solcher Maßnahmen ist somit nur länderweise möglich oder wenn sich alle Länder freiwillig auf gemeinsame Standards verständigen sollten – was bislang nicht gegeben ist. Die föderale Struktur erschwert damit koordinierte Reformen im Bereich Integration über das gesamte deutsche Schulsystem hinweg erheblich.
Vor diesem Hintergrund bleibt offen, wie künftig Chancengleichheit hergestellt werden kann angesichts wachsender Defizite bei Grundschülern verschiedener Herkunftslagen sowie veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen rund um Familie und Erziehungskultur in Deutschland insgesamt. Die Diskussion um Migrationquoten spiegelt dabei grundsätzliche Fragen wider zum Umgang mit Vielfalt sowie zur Sicherstellung guter Bildungsqualität aller Schülerinnen und Schüler unabhängig vom sozialen Hintergrund oder kultureller Zugehörigkeit.