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Junge europäer zeigen gespaltene haltung zu demokratie und migration laut studie „junges europa“

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Die aktuelle Studie „Junges Europa“ der TUI-Stiftung untersucht die politische Einstellung junger Menschen zwischen 16 und 26 Jahren in sieben europäischen Ländern. Dabei zeigt sich eine differenzierte Haltung zur Demokratie, Migration und dem Funktionieren politischer Systeme.

Zustimmung zur demokratie bei jungen menschen in europa

Die Mehrheit der jungen Europäer bevorzugt die Demokratie gegenüber anderen Staatsformen, doch die Zustimmung ist nicht uneingeschränkt. Insgesamt geben 57 Prozent der Befragten an, die Demokratie uneingeschränkt zu unterstützen. In Deutschland liegt dieser Wert mit 71 Prozent am höchsten unter den untersuchten Ländern Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Italien, Griechenland und Polen. Trotz dieser Mehrheiten zeigt sich ein erheblicher Anteil junger Menschen, der der Demokratie skeptisch gegenübersteht oder sie nicht stark wertschätzt.

Die Studie wurde am 15.06.2023 in Berlin vorgestellt und basiert auf Befragungen von rund 6 700 Jugendlichen aus den genannten Ländern im Alter von 16 bis 26 Jahren. Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt von Professor Thorsten Faas von der Freien Universität Berlin, dessen Analyse betont: „Bei jungen Menschen, die sich politisch rechts der Mitte verorten und ökonomisch benachteiligt fühlen, sinkt die Zustimmung zur Demokratie auf nur ein Drittel.“ Diese Aussage verdeutlicht den inneren Druck auf demokratische Systeme durch soziale Ungleichheiten sowie politische Polarisierung.

Besonders niedrig fällt die uneingeschränkte Zustimmung zur Demokratie in Polen aus – hier sind es lediglich 48 Prozent. Die Zahlen zeigen insgesamt eine ambivalente Stimmungslage unter jungen Europäern: Während viele Demokratien als bevorzugte Staatsform gelten, wächst zugleich eine kritische Grundhaltung gegenüber politischen Institutionen.

Migrationskritik nimmt bei jugendlichen zu

Ein weiterer zentraler Befund betrifft das Thema Migration: Junge Europäer sind heute deutlich kritischer als noch vor zwei Jahren eingestellt. Während im Jahr 2021 nur etwa ein Viertel für stärkere Beschränkungen bei Zuwanderung warb, sind es aktuell bereits rund 38 Prozent aller Befragten aus den sieben Ländern.

Innerhalb Europas variieren diese Einstellungen stark: Die größte Skepsis gegenüber Migration findet sich insbesondere in Polen, Griechenland und Spanien – Länder mit unterschiedlichen geografischen Lagen an Europas Außengrenzen oder Binnenregionen mit hohen Migrationsbewegungen. Interessanterweise ist Italien trotz seiner exponierten Lage an Mittelmeer-Routen weniger migrationskritisch als diese Länder.

Professor Faas weist darauf hin: „Eine europäische Grenzlage kann dieses Muster allerdings nicht erklären.“ Vielmehr spielen nationale Diskurse sowie sozioökonomische Faktoren eine Rolle für diese Entwicklung innerhalb des Jugendsegments.

Diese zunehmende Migrationsskepsis steht im Kontext einer breiteren Unzufriedenheit mit politischen Systemen insgesamt – viele junge Menschen hinterfragen deren Funktionsfähigkeit kritisch.

Zweifel an politischen systemen und eu-funktionalität

Die Studie offenbart deutliche Zweifel an der Leistungsfähigkeit politischer Institutionen sowohl auf nationaler Ebene als auch innerhalb der Europäischen Union . Nur sechs Prozent aller befragten Jugendlichen bewerten das politische System ihres Landes als uneingeschränkt gut funktionierend ohne Änderungsbedarf; selbst in Deutschland liegt dieser Wert lediglich bei neun Prozent.

Auch hinsichtlich der EU-Mitgliedschaft herrscht zwar überwiegend Zustimmung , wobei Deutschland hier besonders hohe Werte erreicht . Dennoch äußern viele Kritik an konkreten Aspekten des EU-Systems: So empfinden etwa vierzig Prozent das Funktionieren der EU als wenig demokratisch; mehr als die Hälfte bemängelt einen Fokus auf Kleinigkeiten statt wesentlicher Themen; über fünfzig Prozent stimmen folgender Aussage zu: „Die EU ist eine gute Idee, aber sie ist sehr schlecht umgesetzt.“

Besonders ausgeprägt ist diese Unzufriedenheit unter griechischen Jugendlichen sowie hinsichtlich ihrer Repräsentation durch das Europäische Parlament – sank deren Gefühl starker Vertretung zwischen 2019 und heute .

Professor Faas erläutert diesen Zusammenhang zwischen Alltagserfahrungen junger Menschen und ihrer Bewertung politischer Systeme so: „Wer ökonomische oder physische Unsicherheiten erlebt, wird unzufrieden und wendet sich vom System eher ab.“ Dies zeige Handlungsbedarf seitens Politik sowie Gesellschaft zum Erhalt demokratischer Legitimität gerade unter jüngeren Generationen.

Soziale unsicherheiten prägen politische einstellungen junger europäer

Neben institutioneller Kritik spiegeln persönliche Lebensumstände vieler Jugendlicher ihre Skepsis wider. Nur knapp über ein Drittel beschreibt ihre finanzielle Lage als gut oder eher gut; zwei Drittel fühlen sich nachts auf Straßen unsicher; mehr als die Hälfte empfindet Clubs oder Kneipen nicht mehr sicher genug für Freizeitaktivitäten außerhalb des eigenen Zuhauses.

Diese sozialen Unsicherheiten wirken unmittelbar auf politische Einstellungen zurück – insbesondere wenn Jugendliche wirtschaftliche Benachteiligung erfahren oder Angst vor Gewalt haben. Das erklärt auch den Anstieg jener Personen im rechten Spektrum von damals vierzehn auf nun neunzehn Prozent innerhalb von vier Jahren seit Beginn dieser Langzeitstudie „Junges Europa“.

Das Selbstverständnis im politischen Spektrum verteilt sich aktuell wie folgt: Ein Drittel sieht sich links orientiert; ebenso viele ordnen sich mittig ein; knapp zwanzig Prozent positionieren sich rechts neben dem Zentrum; weitere sechzehn verzichten entweder auf Angabe oder wissen keine genaue Einordnung vorzunehmen.

Diese Ergebnisse verdeutlichen komplexe gesellschaftliche Herausforderungen für Demokratien Europas angesichts wachsender sozialer Spannungen sowie divergierender Wertevorstellungen gerade unter jüngeren Bevölkerungsgruppen.

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