Vor einem Mobilisierungszentrum in Kiew versammeln sich Angehörige, um ihre Söhne und Ehemänner vor dem Einsatz an der Front ein letztes Mal zu sehen. Die Situation spiegelt die Herausforderungen und Emotionen wider, die mit der aktuellen Rekrutierung ukrainischer Soldaten verbunden sind.
Am Rande eines unscheinbaren Industriegebiets im Vorort von Kiew steht ein schweres graues Metalltor, hinter dem sich das Mobilisierungszentrum befindet. Etwa 20 Menschen – überwiegend ältere Paare und Mütter mit Kindern – drängen sich dort trotz drohender Gewitterwolken. Auf einem Schild am Tor steht deutlich „Filmen und fotografieren verboten“. Das Zentrum dient als Sammelpunkt für ukrainische Männer, die zum Militärdienst eingezogen wurden.
Die Männer warten hier auf ärztliche Untersuchungen zur Dienstfähigkeit sowie auf ihre Zuweisung zu Ausbildungsorten oder Armeeeinheiten. Für viele Angehörige ist dieser Ort eine letzte Gelegenheit, ihre Söhne oder Ehemänner zu sehen. Immer wieder öffnet sich eine kleine Pforte im Tor; durch den schmalen Spalt versuchen die Wartenden einen Blick auf die Männer im Innenhof zu erhaschen.
Ein Soldat kontrolliert eine lange Namensliste und ruft einzelne Namen auf. Dann dürfen einige Angehörige kurz hinein, um Abschied zu nehmen oder letzte Worte auszutauschen. Die Atmosphäre ist angespannt; viele wissen nicht, ob sie ihre Verwandten nach diesem Besuch noch einmal sehen werden.
Unter den Wartenden befindet sich auch Natalia, eine Frau mittleren Alters mit brauner Jacke und schütterem Haar. Sie wartet darauf, ihren 35-jährigen Sohn Wolodymyr zu treffen – bereits mehrere Tage hat sie das Zentrum besucht. In ihrer Hand hält sie Snacks und warme Kleidung für ihn bereit.
Natalia berichtet davon, dass ihr Sohn trotz Krankheit eingezogen wurde: „Einfach mitgenommen“, sagt sie über das Vorgehen der Mobilisierungsbehörde. Ihr Sohn leide unter mehreren gesundheitlichen Problemen wie Sehschwäche sowie Schuppenflechte mit entzündlichen Begleiterscheinungen.
Sie kritisiert den Musterungsprozess als oberflächlich: „Das ist kein gutes System.“ Ihrer Ansicht nach werde bei der medizinischen Untersuchung nicht sorgfältig genug geprüft; rechtlicher Beistand fehle völlig für Betroffene wie ihren Sohn. Natalia beschreibt die Lage emotional: Viele Durchschnittsbürger seien schutzlos ausgeliefert gegenüber einer schnellen Einberufung ohne Rücksicht auf individuelle Gesundheitszustände.
Diese Kritik spiegelt ein größeres Problem wider: Aufgrund fehlender freiwilliger Rekruten sucht das Militär verstärkt nach Nachschub durch verpflichtende Einberufungen – was immer wieder Proteste auslöst.
Videos aus sozialen Medien zeigen regelmäßig Szenen von Männern, die offenbar gegen ihren Willen von Straßen weg abgeholt werden und in Busse steigen müssen – Ziel sind Armeezentren wie jenes in Kiews Vorortgebiet hinter dem grauen Metalltor.
Auch hier kommen immer wieder Busse an; Uniformierte sitzen am Steuer, während Männer in ziviler Kleidung hinten Platz nehmen und verschwinden dann im Innenhof des Zentrums. Fotos aus dem Innern zeigen große Schlafsäle mit Stockbetten sowie Gemeinschaftsduschen unter einfachen Bedingungen.
An einer Gebäudewand prangt ein Schriftzug: „Die Ukraine zu verteidigen ist Bürgerpflicht.“ Diese Botschaft verdeutlicht den staatlichen Anspruch hinter der Mobilisierung trotz aller Schwierigkeiten bei Organisation und Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung.
Nach etwa zwanzig Minuten endet jeder Besuch bei den rekrutierten Männern; Eltern oder Ehefrauen treten zurück ins Freie auf die regennasse Straße vor dem Tor des Zentrums zurückzukehren.
Eine Rentnerin namens Alla Hryhoriwna hat gerade ihren Schwiegersohn besucht – einen IT-Spezialisten –, dessen Einsatz noch ungewiss ist.
Sie beschreibt ihn als „Patrioten“ sowie „geliebten Menschen“; zugleich bestätigt sie normale Bedingungen im Zentrum inklusive guter Ernährung.
Trotzdem sorgt auch sie sich um seinen Schutz angesichts bereits gefallener junger Verwandter an vorderster Front.
Ihr Schwiegersohn war zunächst wegen seiner beruflichen Verantwortung zeitweise vom Dienst befreit worden; diese Frist sei nun abgelaufen.
Er habe sich ordnungsgemäß gemeldet statt wegzulaufen – was Alla betont: „Er ist nicht weggelaufen.“ Für sie sei dieses System notwendig angesichts des Kriegsziels: „Wir wollen nicht auf die Knie gehen.“
Die Haltung zur militärischen Einberufung teilt derzeit weite Teile der ukrainischen Gesellschaft tiefgehend.
Einerseits besteht großer Druck seitens Soldaten an vorderster Front sowie deren Familien daraufhin neue Kräfte schnell bereitzustellen zur Entlastung bestehender Truppen.
Andererseits wächst Angst unter vielen Familien davor, dass eigene Söhne oder Ehemänner verletzt werden könnten oder gar sterben beim Verteidigen gegen den russischen Angriffskrieg.
Diese Zwiespältigkeit prägt öffentliche Debatten ebenso wie private Gespräche zwischen Angehörigen wartender Rekruten vor Zentren wie jenem in Kiews Vorstadtgebiet.
Der Konflikt zwischen Pflichtgefühl gegenüber Staatsschutz einerseits sowie Sorge um individuelle Sicherheit andererseits bleibt zentrale Herausforderung innerhalb dieses komplexen Systems militärischer Mobilisierung während andauernder Kriegshandlungen in der Ukraine.
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