Die aktuelle politische Lage in den USA sorgt bei deutschen Studierenden für erhebliche Unsicherheiten. Insbesondere die restriktive Haltung der US-Regierung gegenüber Eliteuniversitäten wie Harvard wirft Fragen zur Aufenthaltsdauer und Visavergabe auf.
Investitionen und perspektiven deutscher studierender an harvard
Michael Gritzbach hat viel Zeit und Geld in sein Masterstudium an der renommierten Universität Harvard investiert. Vor Beginn seines Master of Public Administration hatte er bereits Berufserfahrung bei einer Beratungsfirma gesammelt. Nun fließt sein gesamtes Erspartes in das Studium, das ihn rund 180 000 bis 200 000 Euro kostet. Seine Lebensersparnisse sind dadurch nahezu aufgebraucht.
Während der Sommersemesterferien absolviert Gritzbach Praktika in Deutschland, um seine beruflichen Chancen zu verbessern. Im Gespräch betont er, dass er trotz der politischen Spannungen keine unmittelbaren Sorgen habe, sein Studium abbrechen zu müssen:
„Mein Studium in Harvard kostet um die 180.000 bis 200.000 Euro. Und somit ist meine Lebensersparnis jetzt halt wieder auf null gefallen.“
An seiner Wand im Hintergrund hängen eine Europafahne sowie ein Harvard-Wimpel – Symbole seiner Verbundenheit mit beiden Welten.
Die Universität zeigt sich laut Gritzbach flexibel bei möglichen Alternativen zum Präsenzstudium vor Ort: So könnten Studierende etwa an die Munk School of Policy nach Toronto wechseln oder virtuell weiterlernen, wie es während der Corona-Pandemie üblich war. Die Hochschule prüfe zudem Lösungen für Fälle, in denen Rückkehr oder Aufenthalt unsicher erscheinen.
Der politische Druck gegen ausländische Studierende betrifft nicht nur Harvard, sondern viele amerikanische Universitäten insgesamt: Die US-Regierung wollte zeitweise verbieten, dass ausländische Studierende und Dozenten aufgenommen werden – ein Bundesgericht stoppte diesen Schritt jedoch vorerst.
Verzögerungen bei visa-vergabe sorgen für große verunsicherung unter studierenden
Die Vergabe von Studentenvisa wurde zwischenzeitlich gestoppt, was zu großer Verunsicherung führt – insbesondere für diejenigen mit bereits zugesagtem Studienplatz aber ohne gültiges Visum für die USA. Christian Strowa vom Deutschen Akademischen Austauschdienst New York erklärt:
„Es war von Anfang an klar, dass das nur vorübergehend der Fall sein würde.“
Aktuell würden wieder Termine vergeben; neu sei jedoch eine umfassende Überprüfung sämtlicher Onlineinhalte im Rahmen des Visa-Antragsprozesses.
Diese sogenannte Social-Media-Überprüfung geht über einfache Plattformkontrollen hinaus und verlängert Bearbeitungszeiten deutlich. Welche Auswirkungen dies langfristig haben wird, bleibt unklar: Strowa berichtet von ersten Visa-Ablehnungen und hält weitere Einschränkungen nicht ausgeschlossen.
Das Verfahren stellt viele Antragsteller vor Herausforderungen: Unklarheit herrscht darüber, welche Inhalte genau geprüft werden und nach welchen Kriterien entschieden wird – ein Umstand, der zusätzliche Unsicherheit erzeugt.
Kritik am social-media-screening als eingriff in privatsphäre und bildungsfreiheit
Karin Fischer vom Fachmagazin Chronicle of Higher Education bewertet das Social-Media-Screening als gravierenden Einschnitt ins Bewerbungsverfahren internationaler Studierender:
„Erstens weiß man nicht genau, wie dieses Screening abläuft.“
Ob Künstliche Intelligenz eingesetzt werde oder Menschen alle Beiträge lesen müssten bleibe offen.
Zudem seien die Kriterien sehr allgemein gehalten; gesucht werde nach Inhalten „die feindlich gegenüber den USA sind“, doch was darunter falle sei unklar geblieben. Das Löschen von Social-Media-Profilen rät Fischer ab – dies könne verdächtig wirken statt Vorteile bringen.
Ein Beispiel ist die Münchner Jazz-Studentin Fernanda von Sachsen, die ein begehrtes Stipendium am Berkeley College of Music erhalten hatte. Sie beschreibt ihre Erfahrungen so:
„Ich habe versucht es so ein bisschen abzukapseln… Aber ich hatte schon Probleme damit.“
Der Visa-Stopp habe sie schließlich dazu bewogen aufzuhören mit dem Versuch einer Einreise unter diesen Bedingungen.
Mögliche folgen für den wissenschaftsstandort usa durch restriktionen gegen internationale talente
Durch längere Bearbeitungszeiten bei Visa-Anträgen könnte vielen internationalen Studierenden rechtzeitig zum Wintersemester eine Einreise verwehrt bleiben oder erschwert werden – eine Entwicklung mit potenziell negativen Folgen für amerikanische Hochschulen insgesamt.
Fachautorin Karin Fischer weist darauf hin, dass rund 40 Prozent aller Doktoranden im Bereich Natur- und Ingenieurwissenschaften keine US-Amerikaner seien – sie stellten einen wichtigen Talentpool dar:
„Wie sollen Universitäten ihre Graduiertenprogramme aufrechterhalten ohne kluge Köpfe aus aller Welt?“
Internationale Forschende tragen wesentlich zum wissenschaftlichen Ökosystem bei; viele bleiben dauerhaft im Land oder gründen Start-ups mit innovativen Ideen. Einschränkungen könnten daher langfristig Wettbewerbsfähigkeit sowie Innovationskraft des Wissenschaftsstandorts USA schwächen.
Für Michael Gritzbach hat sich seine ursprüngliche Planung geändert: Eigentlich wollte er nach dem Abschluss seines Masters direkt bei einem großen Tech-Konzern arbeiten bleiben; aktuell erscheint ihm dies eher unwahrscheinlich geworden:
„Der aktuelle Plan wäre der 3. September… Das hoffe ich wahrnehmen zu können.“
Seinen Abschluss will er dennoch unbedingt erreichen trotz aller politischen Hürden.