Home Politik Christfluencer in deutschland: Jana Highholder und Jasmin Friesen zwischen glauben und rechtspopulismus
Politik

Christfluencer in deutschland: Jana Highholder und Jasmin Friesen zwischen glauben und rechtspopulismus

Share
Share

Christfluencer erreichen über soziale Medien ein großes Publikum, das sich für konservative Glaubenswerte interessiert. Dabei verbinden einige dieser Influencerinnen religiöse Überzeugungen mit politischen Positionen, die teils Nähe zu rechtspopulistischen Strömungen zeigen.

Entwicklung und bedeutung der christfluencer in deutschland

Christfluencer sind Personen, die ihren christlichen Glauben über Plattformen wie YouTube, Instagram oder Podcasts öffentlich inszenieren und verbreiten. In Deutschland zählen Jana Highholder und Jasmin Friesen zu den bekanntesten Vertreterinnen dieser Szene. Sie kombinieren einen evangelikal geprägten Glauben mit einem streng konservativen Weltbild. Ihre Inhalte propagieren Keuschheit vor der ehe, traditionelle Geschlechterrollen sowie die Unterordnung der Frau im Familienmodell. Gleichzeitig lehnen sie Sex vor der Ehe, LGBTQ-Rechte, Feminismus sowie Abtreibung strikt ab.

Diese Christfluencerinnen zitieren selektiv Bibelstellen zur Begründung ihrer Positionen und stellen ein patriarchales Familienmodell als gottgewollt dar. Die Theologin Claudia Jetter von der Humboldt-Universität Berlin ordnet diese Haltung als Teil der sogenannten „Purity Culture“ ein – einer Bewegung aus den USA, die Keuschheit und heteronormative Ehe zum Kern christlicher Identität erhebt.

Die Reichweite dieser Influencer ist beachtlich: Hunderttausende folgen ihnen auf Social-Media-Kanälen oder hören ihre Podcasts. Dabei gelingt es ihnen durch eine Mischung aus Alltagsszenen, Stylingtipps und persönlichen Einblicken eine vermeintliche Nähe zum Publikum aufzubauen. Diese Authentizität wird genutzt, um politische oder religiöse Botschaften subtil zu vermitteln.

Wirtschaftliche aspekte und mediale strategie von jana highholder und jasmin friesen

Die wirtschaftliche Dimension spielt bei Christfluencern eine wichtige Rolle. So betrieb Jana Highholder von 2018 bis 2020 im Auftrag der Evangelischen Kirche Deutschlands einen YouTube-Kanal über ihren Glauben; die Zusammenarbeit endete offiziell aus finanziellen Gründen. Heute vermarktet sie eigene Bücher sowie Online-Kurse und bietet zusätzlich Schönheitsbehandlungen in ihrer Praxis an.

Auch Jasmin Friesen nutzt ihre Bekanntheit kommerziell: In ihrem Onlineshop verkauft sie Bibeln für bis zu 90 Euro sowie christlichen Schmuck oder eigene Kinderbücher. Diese Kombination aus Glaube und Konsum zeigt sich als zentrales Element ihres Geschäftsmodells.

Ihre Botschaften verpacken beide geschickt: Sie beginnen oft mit alltäglichen Themen wie Make-up-Tipps oder emotional gefärbten Lebensgeschichten – fast unmerklich gleiten sie dann in politische oder religiöse Positionierungen über. Der Religionssoziologe Gert Pickel von der Universität Leipzig beschreibt diese Mischung als „subtil und manipulativ“. Durch diesen Stil schaffen Christfluencer Nähe zum Publikum bei gleichzeitiger Vermittlung eines engen Regelwerks aus Gehorsamkeit, Reinheit sowie Ausgrenzung gegenüber Andersdenkenden – präsentiert mit Lippenstiftästhetik neben Bibelverszitaten.

Politische nähe zur afd und rechtspopulistische elemente im diskurs

Die Verbindung einiger Christfluencer zur politischen Rechten zeigt sich nicht nur thematisch sondern auch durch konkrete Allianzen: So veröffentlichte Jasmin Friesen ein Interview mit AfD-Politikerin Alice Weidel, moderiert vom rechten YouTuber Leonard Jäger . Dieser betreibt einen Mix aus Antifeminismus, Anti-Woke-Aktivismus sowie Bibelposting; gemeinsam mit Friesen führt er sogar eine „christliche“ Modemarke.

Der Theologe Martin Fritz warnt davor, dass es dann rechtspopulistisch werde „wenn solche Familienwerte normativ absolut gesetzt werden“. Genau dies beobachtet er auf vielen Kanälen dieser Szene – verbunden mit aggressiver Abgrenzung gegen alle außerhalb dieses Weltbilds stehenden Menschen.

Friesen selbst bezeichnet ihre Kooperation als unproblematisch; sie betont ihre Unpolitischkeit: „Ich werde mich nicht von parteipolitischen Etiketten oder medialen Erwartungshaltungen davon abhalten lassen.“ Dennoch nutzen viele Christfluencer Argumentationsmuster des Rechtspopulismus wie Opferinszenierung oder polemische Ablehnung queerer Lebensformen.

Pickel sieht darin eine gefährliche Verbindung zwischen fundamentalistischem Christentum einerseits sowie rechts bis rechtsextrem orientierten politischen Haltungen andererseits – was gesellschaftlich Sprengkraft entfalten kann.

Zielgruppenansprache junger frauen zwischen glauben konsumentenaktivismus

Die Inhalte richten sich besonders an junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren – vor allem Frauen –, die Orientierung suchen sowohl in Glaubensfragen als auch persönlicher Identitätsfindung. Die Kombination konservativer Werte mit moderner Ästhetik spricht gezielt Bedürfnisse nach Sicherheit an: Reinheit vor Ehepartnern ebenso wie klare Geschlechterrollen versprechen Stabilität innerhalb eines festen Weltbilds.

Gleichzeitig grenzen diese Influencer Andersdenkende stark aus; häufig bedienen sie Endzeit-Rhetorik verbunden mit emotionaler Zuspitzung ihrer Botschaften auf sozialen Netzwerken wie Instagram oder YouTube–Plattformen. Das macht ihre Inhalte eingängig aber auch dogmatisch vereinfacht gestaltet.

Experten warnen davor, dass gerade junge Menschen auf Sinnsuche durch diese emotionale Aufladung anfällig für radikale Ideologien werden können. Die Vermischung von Glaube, Konsum, Aktivismus und politischer Ideologie birgt laut Fachleuten erhebliche gesellschaftliche Risiken.

Reaktionen evangelischer kirche auf radikalisierungstendenzen bei christfluence-szene

Die Evangelische Kirche Deutschlands zeigt sich besorgt angesichts zunehmender Radikalisierung innerhalb bestimmter Teile des evangelikalen Spektrums. Insbesondere kritisiert man enge Verbindungen einzelner Christfluencern zum rechten politischen Lager.

Dennoch vermeidet die EKD offene Konfrontationen: Man wolle den Dialog nicht abbrechen, um weiterhin Einfluss nehmen zu können. Laut Religionssoziologe Gert Pickel wolle man „ein weites Spektrum halten“, weshalb Kritik oft zurückhaltend formuliert bleibe.

Parallel fördert die EKD eigene liberale Influencermodelle wie Pastorin Theresa Brückner , welche für Offenheit gegenüber Vielfalt wirbt. Ob dieses Vorgehen jedoch dem Zulauf rechts-konservativer Gruppen gewachsen ist bleibt fraglich.

Insgesamt steht damit fest: Die Debatte um Einflussnahme, gesellschaftspolitische Orientierung und Grenzen des Sagbaren innerhalb digitaler Kirchenkommunikation bleibt hochaktuell.

Share
Related Articles
Politik

Eu-klimaziel 90 Prozent Treibhausgasminderung und Zverevs Bruderhiebe in Wimbledon

Die EU-Kommission plant ein neues Klimaziel mit 90 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2045,...

Politik

Massenfestnahme mutmaßlicher russischer Krimineller in Aserbaidschan verschärft diplomatische Spannungen

Die Veröffentlichung eines Videos über die Festnahme mutmaßlicher russischer Krimineller in Baku...

Politik

Us-senat verabschiedet Trumps umstrittenes haushaltsgesetz mit entscheidender stimme von jd vance

Der US-Senat hat am Dienstag einen Gesetzentwurf verabschiedet, der von Donald Trump...

Politik

Hermann gröhe kandidiert für präsidentschaft des deutschen roten kreuzes im november

Der frühere Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe wird bei der Bundesversammlung am 29. November...

Immer aktuell: Nachrichten, Klatsch, Sport und Politik in Echtzeit.

Infos & Mitteilungen

Infos und Pressemitteilungen senden Sie eine E‑Mail an: info@thenga.de

Copyright © 2025 im Eigentum von Influencer Srls – Dieser Blog ist keine journalistische Publikation, da er ohne jegliche Periodizität aktualisiert wird. Er kann daher nicht als redaktionelles Produkt im Sinne des Gesetzes Nr. 62 vom 07.03.2001 angesehen werden.