Die anhaltend hohen temperaturen von über 30 Grad stellen landwirtschaftliche betriebe vor große herausforderungen. In Heilbronn reagiert der landwirt Stefan Kerner mit angepassten aussaatzeiten und neuen kulturen auf die klimatischen veränderungen.
Hitzewellen in heilbronn und ihre auswirkungen auf die landwirtschaft
Die aktuellen temperaturen in Heilbronn erreichen seit wochen regelmäßig rund 35 Grad, was laut dem Deutschen Wetterdienst einer der höchsten warnstufen entspricht. Die hitzekarte zeigt deutschlandweit eine violette bis dunkelviolette färbung, die vor extremer hitze warnt. Solche tage sind keine seltenheit mehr, sondern treten aufgrund des Klimawandels häufiger und früher im jahr auf als noch vor einigen jahrzehnten.
Für landwirte wie Stefan Kerner bedeutet dies erhebliche anpassungen bei der feldarbeit. Er berichtet, dass frühsommerliche aussaaten nicht mehr möglich sind, da temperaturen über 30 Grad die pflanzenbestände schädigen. Besonders betroffen seien Getreide, Hanf, Mohn, Raps und Mais. Die hohe temperatur greife dabei die eiweißstrukturen der pflanzen an – ohne diese können sie nicht überleben oder gedeihen.
Kerner hat deshalb seine aussaatzeit vom frühsommer in den feuchten winter verlegt. Dadurch kann er bereits im frühsommer ernten – ein entscheidender vorteil angesichts der zunehmenden hitzewellen. Seine aktuelle Mohn-Ernte sieht vielversprechend aus dank dieser umstellung.
Der landwirt beschreibt den wandel eindrücklich: „Man hatte früher auch mal eine Woche, zwei Wochen Hitze. Aber dass es sich jetzt zwei, drei, vier, fünf Wochen ziehen kann – das sind Phänomene, die waren uns nicht bekannt.“ Diese längeren heißperioden zwingen ihn zu neuen strategien bei anbauen und ernte.
Neue kulturen als antwort auf klimatische herausforderungen
Neben angepassten aussaatzeiten setzt Stefan Kerner zunehmend auf neue sorten mit höherer hitzeresistenz wie etwa Kichererbsen. Diese kulturpflanze stammt ursprünglich aus heißen regionen des nahen ostens und verträgt hohe temperaturen deutlich besser als klassische feldfrüchte.
Ein besonderer vorteil der kichererbse liegt laut kerner darin, dass sie knöllchenbakterien bildet: „Diese Knöllchen können den Luftstickstoff binden und der Pflanze zur Verfügung stellen.“ Dadurch ernährt sich die pflanze quasi autark durch diese symbiose mit stickstoffbindenden bakterien – ein pluspunkt für nährstoffarme oder trockene böden.
Allerdings weist kerner auch nachteile hin: Feuchtes wetter kurz vor der ernte im august könne zu unsicheren erträgen führen; kichererbsen vertragen keine nassen bedingungen unmittelbar vor dem abschnitt gut.
Trotzdem sieht kerner großes potenzial für diese kulturpflanze insbesondere in heißen regionen Baden-Württembergs sowie Bayerns oder Sachsens. Er betont jedoch noch bestehende vermarktungsprobleme: Viele kunden seien von notwendigem einweichen abgeschreckt worden; eine mögliche lösung wäre das angebot von eingeweichten kichererbsendosen für den sofortigen gebrauch im haushalt.
Diese entwicklungen zeigen einen wandel innerhalb traditioneller fruchtfolgen hin zu widerstandsfähigeren kulturen unter berücksichtigung neuer klima-bedingungen.
Reaktionen des deutschen bauernverbandes auf den klimawandel
Der Deutsche Bauernverband passt seine strategie ebenfalls an veränderte klima-rahmenbedingungen an. Präsident Joachim Rukwied erklärte zum bundesweiten ernteeinstieg: „Wir haben unsere Fruchtfolgen erweitert; das heißt der Abstand gleicher Kulturen dauert nun zwei bis drei Jahre länger als früher.“
Zudem setze man verstärkt auf widerstandsfähigere sortimente bei getreidearten sowie anderen feldfrüchten zur erhöhung von stabilität gegenüber extremwettern wie langanhaltender hitze oder trockenheit.
Rukwied beschreibt diesen prozess als grundlegende transformation innerhalb der deutschen landwirtschaft infolge des klimawandels: „Was Landwirtschaft angeht sind wir mitten in einem Veränderungsprozess.“
Diese maßnahmen sollen helfen negative folgen steigender temperaturwerte abzufedern sowie nachhaltige produktion trotz schwieriger werdender naturbedingungen sicherzustellen – besonders relevant für süddeutsche regionen mit häufigeren heißperioden wie Baden-Württemberg oder Bayern.
Meteorologische daten bestätigen zunahme heißer tage bei weniger niederschlag
Meteorologen beim Deutschen Wetterdienst beobachten seit jahren einen deutlichen trend zu mehr heißen tagen mit temperaturen über 30 Grad Celsius sowie gleichzeitig abnehmenden niederschlägen insbesondere im frühling und frühsommer.
Uwe Schickedanz vom dwd erläutert dazu statistische werte: In perioden zwischen 1961–1990 gab es durchschnittlich nur etwa 0,5 heiße tage pro juni-monat; zwischen 1991–2020 hat sich diese zahl vervierfacht – heiße tage treten also deutlich häufiger auf als zuvor.
Europa gilt dabei weltweit als kontinent am stärksten vom klimawandel betroffen; Baden-Württemberg verzeichnete diesen juni seinen zweitwärmsten monat nach dem rekordjahr 2003.
Schickedanz weist darauf hin dass extreme sommerhitzen einst alle tausend jahre erwartet wurden aber inzwischen mehrfach innerhalb kurzer zeitspanne auftreten konnten.
Parallel sinkt laut dwd-niederschlagsmessungen besonders im frühjahr/anfang sommer das regenvolumen signifikant ab beispielsweise sank stuttgarter juni-niederschlag durchschnittlich um rund zwanzig prozent von ca. 93 mm auf knapp unter 75 mm .
Dies führt insgesamt zu zunehmender trockenheit gerade in südwestlichen bundesländern was sich auch anhand steigender waldbrandindexwerte nachvollziehen lässt.
Aktuell ist jedoch kein grundwasserproblem feststellbar da regenreiches jahr 2024 speicherkapazitäten auffüllte; dennoch könnte trockener verlauf weiterer monate situation verschärfen sodass weitere beobachtung notwendig bleibt.