Das Bundeskriminalamt hat nach einem Luftschlag Israels auf iranische Atomanlagen eine vertrauliche Lageeinschätzung an deutsche Sicherheitsbehörden verschickt. Darin wird vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen der iranischen Quds-Brigade gegen israelische und jüdische Einrichtungen in Deutschland gewarnt.
Lageeinschätzung des bundeskriminalamts zu sicherheitsbedrohungen nach luftangriffen
Am 13. Juni versandte das Bundeskriminalamt eine als Verschlusssache eingestufte Einschätzung an andere deutsche Sicherheitsbehörden. Diese Analyse folgte unmittelbar auf einen Luftschlag der israelischen Armee gegen iranische Atomanlagen sowie gezielte Tötungen von Regimekadern durch Angriffe auf deren Wohnungen im Iran. Das BKA sieht darin eine potenzielle Gefährdung für die Sicherheit von Israelis und Juden in Deutschland.
Die Behörde weist ausdrücklich darauf hin, dass ein „verstärktes asymmetrisches Vorgehen“ der berüchtigten iranischen Quds-Brigade gegen entsprechende Ziele hierzulande „zumindest in Betracht gezogen werden“ müsse. Die Quds-Brigade ist die Auslandseinheit der Revolutionswächter, einer Schutztruppe des Teheraner Regimes, die für verdeckte Operationen im Ausland bekannt ist.
Diese Einschätzung basiert auf aktuellen Entwicklungen und Erkenntnissen aus den Nachrichtendiensten sowie Beobachtungen möglicher Reaktionen des Irans auf den Angriff Israels. Das BKA betont, dass sich die Sicherheitslage insbesondere für jüdische Gemeinden und israelische Einrichtungen verschärfen könnte, weshalb erhöhte Wachsamkeit geboten sei.
Festnahme und verdacht auf spionage
Die Bundesanwaltschaft hat inzwischen einen Mann festnehmen lassen, dem genau diese Art von Spionagetätigkeit zugeschrieben wird: Ali S., ein dänischer Staatsbürger mit afghanischen Wurzeln, soll im Juni mindestens drei Ziele ausgespäht haben – überwiegend in Berlin. Dazu zählen unter anderem die Bundesgeschäftsstelle der Deutsch-Israelischen Gesellschaft sowie ein Gebäude mit Bezug zum Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster.
Nach Angaben mehrerer mit den Ermittlungen vertrauter Personen fertigte Ali S. Fotos dieser Objekte an – mutmaßlich zur Vorbereitung möglicher Anschläge oder weiterer Operationen im Auftrag der Quds-Brigade. Bereits seit Monaten soll er Instruktionen erhalten haben, um israelische und jüdische Einrichtungen auszukundschaften.
Der Zugriff erfolgte am vergangenen Donnerstag bei einer Festnahme in Aarhus . Ali S. wurde anschließend nach Deutschland überstellt und dem Ermittlungsrichter am Amtsgericht Karlsruhe vorgeführt. Der Haftbefehl basiert zunächst nicht auf konkreten Anschlagsvorbereitungen, sondern dem Verdacht „geheimdienstlicher Agententätigkeit“. Die Ermittler hoffen nun weitere Erkenntnisse über seine genauen Absichten zu gewinnen.
Der Verfassungsschutz beobachtet den Verdächtigen bereits seit längerer Zeit aufgrund seiner mutmaßlichen Verbindungen zur Quds-Einheit intensiv. Diese Einheit gilt als besonders gefährlich innerhalb des Netzwerks des Teheraner Regimes.
Beobachtung iranischer geheimdienste durch deutschen verfassungsschutz
Die Abteilung Spionageabwehr beim deutschen Verfassungsschutz verfolgt seit Jahren Aktivitäten der Quds-Einheit innerhalb Deutschlands sehr genau. Neben Überwachungs- und Einschüchterungsmaßnahmen gegenüber Exiloppositionellen aus dem Iran wird auch eine mögliche Planung von Angriffen vermutet.
Bereits 2015/2016 wurde bekannt, dass ein pakistanischer Student im Auftrag der Quds-Brigade den früheren Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft überwachte – Reinhold Robbe war Ziel dieser Spionageaktivitäten gewesen. Der Student erhielt dafür monatlich 2 052 Euro aus Teheran; das Kammergericht Berlin verurteilte ihn später zu vier Jahren Haft wegen Agententätigkeit.
Im Herbst 2022 kam es zudem zu einem Anschlagversuch nahe einer Synagoge in Bochum: Ein Deutsch-Iraner warf einen Molotowcocktail gegen eine Schule nebenan; das eigentliche Ziel war jedoch die Synagoge selbst gewesen – wie das Düsseldorfer Oberlandesgericht feststellte wurden diese Tat vom Netzwerk um die Revolutionsgarden beauftragt.
Diese Vorfälle zeigen deutlich das Gefahrenpotenzial durch staatliche Akteure aus dem Iran innerhalb Deutschlands sowie deren Bereitschaft zur Gewaltanwendung bei Eskalationen zwischen Israel und Iran oder westlichen Staaten insgesamt.
Erhöhte sicherheitsmaßnahmen nach eskalation zwischen israel und iran
Nach Beginn israelischer Luftangriffe Mitte Juni verstärkten Polizei- und Sicherheitskräfte ihre Schutzmaßnahmen an zahlreichen Orten bundesweit erheblich – insbesondere rund um jüdische Gemeinden sowie israelische Einrichtungen wie Botschaften oder Kulturzentren.
Das BKA warnte dabei nicht nur vor möglichen Aktionen staatlicher Akteure wie Agentinnen oder Agenten aus dem Umfeld der Revolutionsgarden beziehungsweise ihrer Auslandseinheiten wie eben jener Quds-Brigade; auch islamistische Gruppierungen könnten sich durch diese erneute Eskalation motiviert fühlen, Anschläge vorzubereiten oder durchzuführen.
Diese doppelte Bedrohungslage führt dazu, dass Behörden verstärkt Präsenz zeigen sowie präventive Maßnahmen ergreifen müssen – etwa Videoüberwachung erhöhen oder Personenkontrollen intensivieren –, um potenzielle Täter frühzeitig zu erkennen beziehungsweise abzuschrecken.
Insgesamt zeigt sich damit ein komplexes Bild wachsender Risiken für Israel-bezogene Gruppen ebenso wie Jüdinnen*Juden hierzulande infolge internationaler Konflikte zwischen Israel und Iran bzw. deren Verbündeten außerhalb Europas.