Die Deutsche Bahn steht trotz umfangreicher Finanzhilfen aus dem Infrastruktur-Sondervermögen vor einer erheblichen Finanzierungslücke. Konzernchef Richard Lutz mahnt, dass die bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um alle notwendigen Sanierungen und Digitalisierungsmaßnahmen im Schienennetz umzusetzen.
Finanzierungslage der deutschen bahn bis 2029
Die Bundesregierung hat beschlossen, die Deutsche Bahn bis zum Jahr 2029 mit rund 107 Milliarden Euro zu unterstützen. Ein Großteil dieser Summe – etwa 81 Milliarden Euro – stammt aus dem schuldenfinanzierten Infrastruktur-Sondervermögen. Diese Mittel sollen vor allem für den Ausbau und die Modernisierung der Schieneninfrastruktur verwendet werden. Trotz dieser hohen Investitionssumme sieht Konzernchef Richard Lutz eine erhebliche Finanzierungslücke.
In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur erklärte Lutz: „Dass wir aus dem Sondervermögen zusätzliches Geld bekommen, ist superklasse.“ Er betonte den Fortschritt und das wichtige Signal an den gesamten Verkehrssektor sowie an Kunden im Personen- und Güterverkehr. Dennoch reiche das Geld nicht aus, um alle dringend notwendigen Sanierungen sowie die Digitalisierung des Schienennetzes zu stemmen.
Der Grundbedarf für diese Maßnahmen liege laut Lutz bis zum Jahr 2029 bei rund 45 Milliarden Euro allein für Sanierungen und Digitalisierungsprojekte. Für die Haushaltsjahre 2025 und 2026 sei man zwar „ziemlich nahe“ an diesen Bedarfszahlen, doch danach steige der Zusatzbedarf deutlich an. Bis Ende des Jahrzehnts fehle ein Betrag von etwa 17 Milliarden Euro zur vollständigen Deckung aller Investitionen.
Warnung vor stockenden projekten
Lutz warnte eindringlich davor, dass ohne zusätzliche Finanzmittel wichtige Projekte wie Neu- oder Ausbauvorhaben ins Stocken geraten könnten: „Ob diese Finanzierungslücke noch geschlossen werden kann, werden die nächsten Monate und Jahre zeigen.“ Die Situation stellt somit eine große Herausforderung für Planungssicherheit und Umsetzung dar.
Kritik des bundesrechnungshofs an investitionsplanung
Neben den Warnungen von Konzernchef Lutz äußerte auch der Bundesrechnungshof wiederholt Kritik am Umgang mit den Investitionskosten bei der Deutschen Bahn. Die Behörde bemängelt eine zu optimistische Kalkulation seitens des Unternehmens sowie eine Unterschätzung möglicher Haushaltsrisiken durch die Bundesregierung.
Im Juni veröffentlichte der Rechnungshof einen Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags zur Generalsanierung hoch belasteter Streckenabschnitte wie beispielsweise der Riedbahn. Darin wurde das Konzept als derzeit nicht tragfähig eingestuft. Es fehlten haushaltsrechtliche Grundlagen ebenso wie eine belastbare Prüfung finanzieller Auswirkungen solcher Großprojekte.
Besonders kritisiert wurde zudem das Verkehrsministerium dafür, keine sachgerechte Erfolgskontrolle von Seiten der Deutschen Bahn eingefordert zu haben. Dadurch seien Chancen vertan worden, gewonnene Erkenntnisse systematisch auszuwerten und in zukünftige Planungen einzubeziehen.
Empfehlung des bundesrechnungshofs
Der Bundesrechnungshof empfahl deshalb ausdrücklich dem Haushaltsausschuss: „Keine weiteren Bundesmittel für Generalsanierungen bereitzustellen, bis das Verkehrsministerium zweifelsfrei nachgewiesen habe, dass diese ‚notwendig und wirtschaftlich‘ seien.“ Diese Forderung unterstreicht die Notwendigkeit transparenter Prüfverfahren angesichts hoher Summen öffentlicher Gelder im Bahninfrastrukturbereich.
Die Kombination aus drohender Finanzlücke auf Seiten des Unternehmens sowie scharfer Kritik durch Kontrollinstanzen verdeutlicht komplexe Herausforderungen bei langfristiger Planung großer Verkehrsinvestitionen in Deutschland – insbesondere angesichts steigender Anforderungen an Digitalisierung und Klimaschutz im Schienenverkehrssystem insgesamt.