Forschende der Universität Freiburg untersuchen das Flugverhalten von Bienen in ihrer natürlichen Umgebung. Mit eigens entwickelten Drohnen und Mini-Reflektoren wollen sie Erkenntnisse über Orientierung und Rückkehr der Insekten gewinnen.
Drohnentechnologie zur verfolgung des bienenflugs am kaiserstuhl
Die Biologinnen und Biologen der Universität Freiburg haben für ihre Untersuchungen eine spezielle Drohne entwickelt, die mehr als einen Meter groß ist. Diese Drohne ist mit drei Kameras ausgestattet, um den Flug von Bienen vollautomatisch aufzuzeichnen. Ziel ist es, das Verhalten der Insekten während ihres Flugs von einer Futterquelle zurück zum Stock zu analysieren. Dabei steht insbesondere die Frage im Mittelpunkt, wie sich Bienen orientieren und navigieren.
Der Neurobiologe Andrew Straw, Leiter des Projekts, berichtet von ersten Versuchen: „Wir haben mehrfach eine einzelne Biene verfolgt, wie sie vom Futterplatz zurück ins Nest fliegt.“ Die Beobachtungen zeigten kein festes Flugmuster. Dennoch fiel auf, dass die Tiere bestimmte Landmarken nutzen – etwa einen Baum – um sich zu orientieren. „Ich vermute“, so Straw weiter, „dass die Biene diesen Baum als Merkmal verwendet.“ Diese Hypothese wird nun systematisch erforscht.
Die Feldversuche finden bei Ihringen am Kaiserstuhl statt, wo ein institutseigener Versuchsbienenstock steht. Dort fangen Forschende einzelne Bienen ein und präparieren sie für die Verfolgung durch die Drohne.
Markierungsmethode mit mini-reflektoren für präzise datenerfassung
Um den Flug einzelner Insekten verfolgen zu können, werden diese zunächst markiert. Die Freiburger Wissenschaftlerinnen entfernen vorsichtig einige Härchen am Rücken der Biene und bringen dort mithilfe eines speziellen Klebstoffs kleine Reflektoren an. Anschließend härten sie diese unter ultraviolettem Licht aus – so entsteht eine gut sichtbare Markierung ohne Verletzung des Tieres.
Nach dieser Vorbereitung werden die Versuchsbienen wieder freigelassen. Die große Drohne erkennt dank der Reflektoren jede markierte Biene automatisch und folgt ihr während des Flugs durch das Gelände bei Ihringen am Kaiserstuhl. Dabei zeichnen Sensoren kontinuierlich Flugroute sowie Flughöhe auf.
Um vergleichbare Daten zu erhalten, hat das Team eine eigene Futterquelle eingerichtet: Eine Zuckerlösung lockt viele Tiere an und sorgt für kontrollierte Bedingungen während der Messungen.
Biologin Rachel Stentiford erklärt: „Die automatische Erfassung ermöglicht uns exakte Analysen des Bewegungsmusters.“ So lassen sich auch Unterschiede zwischen einzelnen Tieren oder verschiedenen Umweltbedingungen feststellen.
Bienenorientierung als vorbild für robotikforschung
Das Verhalten von Insekten wie Honigbienen fasziniert nicht nur Biologen sondern auch Robotiker weltweit – denn trotz kleiner Gehirne meistern diese Tiere komplexe Navigationsaufgaben beeindruckend schnell ohne GPS-Unterstützung.
Das Freiburger Team arbeitet deshalb eng mit Forschenden aus dem Bereich Robotik zusammen. Neurobiologe Andrew Straw betont: „Es ist unglaublich schnell zu sehen, wie gut Bienen lernen neue Futterquellen über visuelle Eindrücke zu finden – viel schneller als heutige Roboter.“
Bienen nutzen verschiedene Umweltmerkmale zur Orientierung im Raum; ihre Fähigkeit zur schnellen Anpassung dient Robotikern als Vorbild bei Entwicklung autonomer Systeme mit begrenzter Rechenleistung oder Energieversorgung.
Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit fördert sowohl das Verständnis biologischer Prozesse als auch technologische Innovationen im Bereich autonomer Flugsysteme oder Suchalgorithmen in unbekanntem Terrain.
Untersuchung äußerer einflüsse auf bienenflugverhalten
Neben grundlegenden Fragen zur Orientierung interessiert das Forscherteam vor allem mögliche Veränderungen im Flugverhalten durch äußere Einflüsse wie Pestizideinsatz oder invasive Artenbedrohungen für Honigbienenpopulationen in Deutschland.
So sollen weitere Versuche klären, ob beispielsweise chemische Substanzen Auswirkungen auf Navigation oder Rückkehrfähigkeit haben können – wichtige Erkenntnisse angesichts zunehmender Diskussion um Ursachen des weltweiten Bienenschwunds .
Darüber hinaus könnten Tracking-Technologien helfen invasive Arten besser zu kontrollieren: Die asiatische Hornisse bedroht heimische Honigbienen stark; hier plant man ähnliche Markierungs-Methoden einzusetzen:
„Wir können unsere Aufkleber auch auf asiatische Hornissen kleben“, erläutert Andrew Straw „und dann verfolgen wir ihre Bewegungen bis zum Neststandort.“ Dadurch lassen sich Nester gezielt lokalisieren und bekämpfen.
Am Ende jedes Experiments werden alle Versuchstiere wieder eingefangen; Reflektor-Markierungen entfernt sowie Klebstoffreste sorgfältig beseitigt – um Stress oder Schäden an den Insekten auszuschließen.