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Kurzvideos auf tiktok und instagram erschweren das lernen laut studien der tu braunschweig

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Kurzvideos auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Instagram erfreuen sich großer Beliebtheit, doch ihr Einfluss auf den Lernerfolg ist umstritten. Zwei Studien der Technischen Universität Braunschweig untersuchten den Effekt dieser Erklärvideos und kamen zu ernüchternden Ergebnissen.

Lernwirkung von kurzvideos im vergleich zu textinformationen

Die Nutzung von Kurzvideos zur Wissensvermittlung gewinnt zunehmend an Bedeutung, da sie Inhalte in wenigen Sekunden unterhaltsam präsentieren. Thorsten Otto vom Institut für Pädagogische Psychologie an der Technischen Universität Braunschweig hat in zwei Experimenten untersucht, wie sich diese kurzen Erklärvideos auf das Lernen auswirken. Dabei zeigte sich, dass die visuellen Informationshäppchen vor allem eine oberflächliche Lernstrategie fördern. Tiefergehendes Nachdenken oder ein nachhaltiges Verankern des Wissens konnten durch den Konsum dieser Videos nicht erzielt werden.

Im Rahmen eines Online-Experiments wurden 120 Studierende in vier Gruppen eingeteilt: Zwei Gruppen erhielten die gleichen Lerninhalte als Textform, während die anderen beiden Gruppen drei Kurzvideos mit einer Länge zwischen zehn und sechzig Sekunden im Stil von TikTok oder Instagram sahen. Anschließend wurde ein Wissenstest durchgeführt, bei dem insbesondere komplexere Anwendungsaufgaben geprüft wurden. Die Ergebnisse zeigten deutliche Unterschiede: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Video-Konsum schnitten insgesamt schlechter ab als diejenigen mit Textinformation.

Otto betont jedoch, dass es sich um die erste wissenschaftliche Studie zu diesem Thema handelt und weitere Forschung notwendig sei, um Ursachen für diese unterschiedlichen Lerneffekte genauer zu analysieren sowie die Ergebnisse zu bestätigen.

Zusammenhang zwischen videokonsum und lernkompetenz bei erwachsenen

In einer weiteren Studie befragte Thorsten Otto 170 Erwachsene zum Umfang ihres Kurzvideokonsums sowie ihren Lernzielen. Zusätzlich sollten sie ihre Kompetenz beim rationalen Denken selbst einschätzen. Dabei zeigte sich ein Zusammenhang: Personen mit hohem Konsum von Lern-Kurzvideos schätzten ihre Fähigkeit zum logischen Denken vergleichsweise schlechter ein.

Ein anschließender Wissenstest bestätigte diesen Eindruck: Testpersonen mit intensivem Videokonsum erzielten schlechtere Testergebnisse als andere Teilnehmende. Diese Befunde stimmen mit bisherigen Studien überein; allerdings lässt sich daraus keine eindeutige Ursache-Wirkung-Beziehung ableiten. Otto weist darauf hin: „Es könnte auch genauso gut sein, dass Personen, die eben schlechter in solchen Tests abschneiden, eher dazu tendieren, Kurzvideos zu nutzen.“

Diese Erkenntnisse werfen Fragen zur Wirksamkeit des passiven Videokonsums beim Lernen auf und legen nahe, dass alleiniger Medienkonsum ohne begleitende Reflexion wenig förderlich ist.

Pädagogische bewertung digitaler medien im lernprozess

Der Bildungsforscher Klaus Zierer von der Universität Augsburg bewertet diese Ergebnisse als bedeutsam für den schulischen Einsatz digitaler Medien. Er verweist darauf, dass bereits frühere wissenschaftliche Untersuchungen Zweifel am pädagogischen Nutzen multimedialer Inhalte geäußert haben – insbesondere wenn Lehrkräfte deren Einsatz nicht gezielt steuern oder begrenzen.

Zierer erklärt: „Die neue Studie zeigt jetzt bei Erklärvideos ähnlich wie frühere Forschungsarbeiten deutlich auf, dass das Videoschauen die Lernleistung nicht steigert sondern im Vergleich zum Lesen klassischer Texte sogar reduziert.“ Digitale Medien könnten bewährte Formen des Lernens wie Textlektüre oder Unterrichtsgespräche nicht ohne Weiteres ersetzen oder automatisch verbessern – dies gelinge nur innerhalb eines durchdachten pädagogischen Konzepts.

Studienautor Otto ergänzt hierzu: Beim passiven Anschauen entwickelten Video-Nutzer kein Tiefenverständnis wie beim Lesen eines Textes; stattdessen bleibe das Wissen oberflächlich verankert.

Kognitive herausforderungen durch kurzvideokonsum beim lernen

Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung war zudem eine Veränderung der bevorzugten Lernstrategie nach dem dreiminütigen Anschauen mehrerer Kurzclips: Die Probandinnen und Probanden neigten danach verstärkt zu einem oberflächlichen Lernen – also einem möglichst geringen Aufwand verbunden mit Auswendiglernen ohne echtes Verständnis des Inhalts.

Dieses Verhalten führt laut Bildungsforschung häufig zu schlechteren Leistungen bei Prüfungen oder komplexeren Aufgabenstellungen. Studienautor Otto erklärt diesen Effekt mithilfe der „Cognitive Theory of Multimedia Learning“ sowie einer mentalen Überforderung durch passive Reizaufnahme:

Lernen gelingt am besten dann effektiv wenn Informationen ausgewogen über visuelle und auditive Kanäle vermittelt werden ohne dabei kognitive Ressourcen überzustrapazieren – was bei schnellen Bildwechseln in Kurzclips oft nicht gegeben ist. Zudem fehlt meist ausreichend Zeit zur Verknüpfung neuen Wissens mit bereits Bekanntem aus dem Langzeitgedächtnis.

Otto erläutert weiter: „Visuelle Reize durch schnelle Bildwechsel und Einblendungen können das Arbeitsgedächtnis überfordern; dadurch werden Inhalte kaum verarbeitet noch langfristig gespeichert.“

Empfehlungen zur medienkompetenzförderung im schulkontext

Auf Basis seiner Forschung empfiehlt Studienleiter Thorsten Otto einen bewussteren Umgang mit Kurzvideo-Inhalten gerade im schulischen Kontext:

Schülerinnen und Schüler sollten vor sowie nach dem Lernen möglichst keinen Zugriff auf solche Videos haben – so bleibt Raum für vertieftes Nachdenken über Gelerntes sowie dessen bessere Verankerung im Gedächtnis möglich. Zahlreiche Untersuchungen zeigen zudem negative Auswirkungen offener Handynutzung während des Lernens etwa hinsichtlich Konzentrationsfähigkeit.

Eine aktive Auseinandersetzung statt rein passivem Konsum sei entscheidend für einen erfolgreichen Einsatz digitaler Medien beim Lernen beziehungsweise Lehren neuer Inhalte.

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