Der chinesische Automarkt erlebt einen intensiven Preiskampf bei Elektrofahrzeugen, der durch Überkapazitäten und staatliche Kaufprämien angeheizt wird. Diese Entwicklung führt zu massiven Rabatten auf fabrikneue Fahrzeuge, die als Gebrauchtwagen verkauft werden, und belastet sowohl Hersteller als auch Zulieferer.
Überkapazitäten und staatliche kaufprämien treiben preisschlachten an
Der Automarkt in China ist von einer Überhitzung geprägt, die sich vor allem im Segment der Elektrofahrzeuge zeigt. Fabrikneue Autos werden aufgrund von Überkapazitäten häufig zu stark reduzierten Preisen bei Gebrauchtwagenhändlern angeboten. Ein Beispiel dafür ist ein weißer Elektro-Kleinwagen in Peking, den Händler Wang Jianjun für rund 7 000 Euro verkauft – ein Drittel unter dem regulären Neupreis von etwa 12 000 Euro. Solche Angebote sind eine Folge politischer Maßnahmen zur Förderung der Autoindustrie.
Die chinesische Regierung unterstützt den Markt mit verschiedenen Kaufprämien wie Abwrackboni oder regionalen Zuschüssen. Diese Subventionen ermöglichen es Händlern wie Wang, neue Fahrzeuge günstig einzukaufen und sie anschließend billiger weiterzuverkaufen. „Ich mag solche Tricks eigentlich nicht“, sieht Wang diese Praxis kritisch, bleibt ihm aber kaum eine Alternative angesichts schwacher Verkaufszahlen.
Für viele Autohersteller bietet dieses Vorgehen einen Vorteil: Sie können ihre Verkaufszahlen gegenüber Investoren besser darstellen, obwohl die Fahrzeuge faktisch noch nicht beim Endkunden angekommen sind. Dieses Phänomen verdeutlicht die strukturellen Probleme des überhitzten Marktes in China.
Wachsender wettbewerb auf dem heimischen markt
Die kommunistische Führung Chinas hat den Aufbau einer starken E-Autoindustrie mit umfangreichen Förderprogrammen vorangetrieben. Inzwischen existieren mehr als 100 Hersteller im Land – viele davon innovativ mit modernen Modellen speziell für chinesische Kunden entwickelt. Einige große Unternehmen verfügen über effiziente Lieferketten für die Produktion elektrischer Fahrzeuge, von denen internationale Konkurrenten lernen können.
Diese Vielzahl an Herstellern führt jedoch zu einem erheblichen Überangebot an Fahrzeugen auf dem heimischen Markt. Die Nachfrage kann das Angebot nicht decken, was einen erbitterten Preiskampf auslöst. Experten bezweifeln zunehmend, dass unter diesen Bedingungen überhaupt Gewinne erzielt werden können.
Im Frühjahr kündigten zahlreiche große Hersteller zusätzliche Rabatte von bis zu 30 Prozent an – ein Schritt zur weiteren Absatzsteigerung trotz bereits niedriger Preise. Für Wei Jianjun, Chef des Konzerns Great Wall, war dies Anlass zur Kritik: Er verglich offen die Lage der Autoindustrie mit der Immobilienkrise um den insolventen Konzern Evergrande und warnte vor ähnlichen Gefahren für seinen Sektor.
Finanzielle schwierigkeiten belasten zulieferbetriebe
Ein weiteres Zeichen der Krise sind ausstehende Zahlungen an Zulieferbetriebe: Viele müssen sechs bis acht Monate auf ihr Geld warten – insgesamt belaufen sich offene Forderungen laut Verbandssachverständigem Li Yanwei auf rund 400 Milliarden Yuan . Trotz laufender Kosten bleiben diese Betriebe oft monatelang ohne Liquidität.
Dieser Zahlungsstau wirkt sich negativ auf Qualität und Innovation aus: Die Gewinnmargen vieler Zulieferer liegen nur bei etwa zwei Prozent; Preisnachlässe seitens Autobauer erschweren deren wirtschaftliches Handeln zusätzlich erheblich. „Wie bekommst Du das hin? Das geht nur auf Kosten der Produktqualität“.
Um gegenzusteuern plant die chinesische Regierung strengere Regeln zur Zahlungsmoral: Autokonzerne sollen künftig innerhalb von maximal 60 Tagen bezahlen müssen; zudem soll das Geschäft mit fabrikneuen Gebrauchtwagen eingeschränkt werden. Ob diese Maßnahmen flächendeckend umgesetzt werden können bleibt ungewiss angesichts des riesigen Marktes und zahlreicher Akteure.
Exporthoffnungen trotz innenmarktproblemen wachsen weiter
Angesichts des enormen Drucks im Inland rechnen Experten damit, dass viele kleinere oder finanziell schwache Hersteller langfristig vom Markt verschwinden könnten – übrig bleiben dürften jene Unternehmen mit solider Finanzierung und effizientem Produktionsmanagement.
Chinesische Autobauer setzen verstärkt auf Exportmärkte außerhalb ihres Heimatlandes als Wachstumstreiber; China ist mittlerweile weltweit führend beim Verkauf neuer Autos ins Ausland geworden – auch Europa zählt dazu. In Deutschland drängen erste preiswerte Elektro-Kleinwagen ab etwa 20 000 Euro trotz EU-Zöllen in den Handel; vergleichbare Modelle kosten in China derzeit umgerechnet nur rund 7 000 Euro aufgrund des hohen Wettbewerbsdrucks dort.
Diese Entwicklung zeigt deutlich den Spagat zwischen einem stark subventionierten Binnenmarkt voller Konkurrenzkämpfe sowie ambitionierten Expansionsplänen international agierender Konzerne aus China im Bereich Elektromobilität.