Die Zahl rechtsextremistischer Vorfälle an deutschen Schulen nimmt zu, während einige Lehrkräfte selbst Verbindungen zum rechten Rand aufweisen. Recherchen von Report Mainz zeigen, dass diese Entwicklung das schulische Klima und die demokratische Erziehung gefährden kann.
Rechtsextremistische vorfälle und die rolle der lehrkräfte
In den letzten Jahren ist eine steigende Anzahl von Vorfällen mit rechtsextremistischem Hintergrund an Schulen dokumentiert worden. Diese reichen von verbalen Angriffen bis hin zu körperlicher Gewalt, oft begleitet von Parolen oder Symbolen, die verfassungsfeindliche Ideologien transportieren. Die Verantwortung der Lehrkräfte besteht darin, solche Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. Doch Recherchen des ARD-Politikmagazins Report Mainz offenbaren ein beunruhigendes Bild: Einige Pädagogen stehen selbst am rechten Rand oder sind sogar aktiv in Parteien involviert, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden.
Ein exemplarischer Fall betrifft einen Lehrer mit einer belasteten Vergangenheit. Dokumente belegen eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung sowie der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen im Jahr 2003. Obwohl er nicht als Haupttäter galt, wurde er zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Bis Anfang 2024 war dieser Mann zudem in leitender Funktion beim Altherrenverein einer Burschenschaft tätig – einem Vereinstypus, der vom Verfassungsschutz beobachtet wird – und sitzt heute für die AfD im Stadtrat einer deutschen Kommune.
Diese Fälle werfen Fragen zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben durch Lehrkräfte auf. Das Beamtenstatusgesetz verpflichtet Lehrerinnen und Lehrer dazu, sich uneingeschränkt zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Für Angestellte im Landesdienst gelten vergleichbare Regelungen.
Die Schulaufsicht reagiert häufig zurückhaltend bei Nachfragen zu einzelnen Fällen; Datenschutz- sowie Personalangelegenheiten werden als Gründe genannt. Ob es sich um Einzelfälle handelt oder ein strukturelles Problem vorliegt, bleibt unklar.
Herausforderungen bei der erkenntnis rechter tendenzen unter lehrkräften
Die Bildungswissenschaftlerin Nina Kolleck von der Universität Potsdam weist darauf hin, dass bereits während des Studiums rechte Tendenzen unter angehenden Lehrkräften auftreten können: „Es gibt auf jeden Fall auch sehr rechtsextreme Studierende schon…“ Dennoch fehle es oft an klaren Meldewegen oder Konsequenzen seitens universitärer Einrichtungen.
Parteimitgliedschaften werden bei Verbeamtungen kaum systematisch überprüft; nur wenige Bundesländer wie Brandenburg führen Abfragen beim Verfassungsschutz durch – anders als etwa bei Polizeibeamten üblich ist dies für Lehrer nicht verpflichtend geregelt.
Das ARD-Magazin hat rund 60 Personen identifiziert, die innerhalb der vergangenen fünf Jahre sowohl als Lehrer tätig waren als auch Kandidaten für Parteien mit gesichertem oder mutmaßlichem Rechtsextremismus waren – darunter bekannte Gruppierungen wie AfD oder Freie Sachsen.
Beispiel eines lehrers mit rechten anbindungen
Ein Beispiel ist ein Geschichtslehrer mit führender Rolle in einem umstrittenen Dachverband deutscher Burschenschaften. In öffentlichen Reden kritisierte er den „Zeitgeist“ scharf und stellte Deutschland unter angebliche „amerikanische Vorherrschaft“. Zudem lobte er Russland als einzige europäische Nation mit dem Potenzial zur Unterstützung deutscher Freiheitsbestrebungen – Aussagen mit eindeutig politischem Einschlag jenseits wissenschaftlicher Neutralität.
Seine Kritik richtete sich auch gegen deutsche Gedenkkultur: Er bezeichnete sie als „Mär“, welche den sachlichen Blick auf beide Weltkriege verhindere – eine Sichtweise weit entfernt vom historischen Konsens über Erinnerungskultur in Deutschland.
Trotz dieser Äußerungen liegen laut Schulaufsicht keine ausreichenden Anhaltspunkte für disziplinarische Maßnahmen vor; ähnliche Bewertungen gelten für weitere Fälle wie einen Grundschullehrer aus Sachsen mit Parteizugehörigkeit bei den Freien Sachsen – einer Organisation laut sächsischem Verfassungsschutz fest entschlossen zur Aushöhlung demokratischer Strukturen durch politische Mandate im kommunalen Bereich.
Folgen rechter pädagogik für schülerinnen und schüler sowie gesellschaft
Der Einfluss rechtsorientierter Lehrkräfte wirkt sich direkt auf das Lernumfeld aus: Schülerinnen und Schüler nehmen Einstellungen ihrer Bezugspersonen wahr und können dadurch politische Haltungen normalisieren beziehungsweise internalisieren. Die Geschäftsführerin des Netzwerks Demokratie & Courage in Sachsen, Nina Gbur, warnt davor: „Wenn das die völlige Normalität ist… Wie will man Menschen noch beibringen, dass das nicht die Norm ist?“
Sie beschreibt eine gefährliche Entwicklung hin zur Normalisierung extremistischer Positionen innerhalb schulischer Räume: Ein Lehrer könne tagsüber Mathematik vermitteln und abends an rechtsextremen Demonstrationen teilnehmen sowie später politisch aktiv sein – ohne erkennbare Konsequenzen seitens staatlicher Institutionen oder Schulsysteme.
Gerade angesichts eines zunehmenden Rechtsrucks sei es notwendig gewesen, verstärkt wehrhaft aufzutreten gegenüber solchen Tendenzen innerhalb staatlicher Bildungseinrichtungen. Die Gefahr bestehe darin, dass demokratische Werte langfristig geschwächt würden durch stillschweigende Akzeptanz radikaler Ideologien im pädagogischen Alltag.