Ein Video, das eine Explosion am Eingang des berüchtigten Ewin-Gefängnisses in Teheran zeigen soll, verbreitete sich weltweit. Trotz der Bestätigung eines Angriffs durch Israel und das iranische Justizministerium ist die Echtheit des Videos stark umstritten.
Verbreitung und hintergrund des videos zum angriff auf das ewin-gefängnis
Am Montag berichteten zahlreiche internationale Medien über einen Angriff Israels auf das Ewin-Gefängnis in Teheran, einer Haftanstalt, die für Menschenrechtsverletzungen an politischen Gefangenen bekannt ist. Das iranische Justizministerium bestätigte den Beschuss der Einrichtung. Ein sechs Sekunden langes Video wurde vielfach als Beleg für eine Explosion am Gefängniseingang gezeigt. Unter den Verbreitern befanden sich renommierte Nachrichtenagenturen wie die New York Times, die BBC sowie deutsche Sender wie die ARD mit ihren Formaten tagesschau und tagesthemen. Auch der israelische Außenminister Gideon Saar teilte das Video triumphierend über seinen X-Account.
Das kurze Filmmaterial zeigt angeblich eine Überwachungskameraaufnahme, bei der eine heftige Explosion den Haupteingang zerstört. Die Bildqualität ist absichtlich schlecht gehalten und im Schwarz-Weiß-Stil präsentiert, was zunächst Authentizität suggeriert. Nach eingehender Prüfung mehrerer Faktenchecker wurde jedoch schnell klar: Das Video weist erhebliche Unstimmigkeiten auf und entspricht nicht einem aktuellen Ereignis.
Die schnelle Verbreitung trotz fehlender Verifizierbarkeit verdeutlicht die Herausforderungen moderner Informationsflüsse bei Konflikten im Nahen Osten. Die Kombination aus realem Angriffsgeschehen und manipulierten Bildern erschwert es Medienkonsumenten zunehmend, Fakten von Fiktion zu unterscheiden.
Analyse der videofälschung anhand bildvergleichen und expertenmeinungen
Die Grundlage für den Verdacht einer Fälschung liefert ein Foto vom Eingang des Gefängnisses aus dem Jahr 2023, welches nahezu identisch mit dem Videomaterial übereinstimmt – bis ins kleinste Detail inklusive kahler Büsche vor dem Torbereich. Dieses Bild war bereits im Mai 2023 in einem persischsprachigen Artikel von Voice of America veröffentlicht worden und stammt mutmaßlich aus Januar 2023.
Der US-amerikanische Professor für digitale Bildanalyse an der Universität Berkeley, Hany Farid, wies frühzeitig darauf hin, dass es sich wahrscheinlich um ein KI-generiertes Video handelt: „Es scheint wahrscheinlicher, dass ein KI-gestützter Bild-zu-Video-Generator mit diesem Bild als Quelle verwendet wurde.“ Seine Analyse basiert unter anderem darauf, dass Vegetation wie Sträucher im Sommer normalerweise belaubt sind – was aktuelle Aufnahmen belegen –, während sie im gezeigten Material kahl erscheinen.
Weitere unabhängige Faktenchecks von Organisationen wie Libération, VRT oder ABC News Australia bestätigten diese Einschätzung ebenfalls nach eigenen Untersuchungen. Sie kamen zu dem Schluss: Das präsentierte Explosionsvideo ist nicht authentisch sondern manipuliert.
Der Ursprung des Videos bleibt unbekannt; unklar ist auch wer es zuerst veröffentlichte oder verbreitete. Die Kombination echter Bilder vom Gefängniseingang mit einer künstlichen Explosion erzeugt einen glaubwürdigen Eindruck beim Betrachter – insbesondere durch simulierte Überwachungskameraeffekte sowie Schwarz-Weiß-Farbgebung zur Verschleierung digitaler Spuren.
Diese Entwicklung steht exemplarisch für einen zunehmenden Trend gefälschter Inhalte während politischer Krisen oder militärischer Auseinandersetzungen weltweit – was Experten wie Farid als „beunruhigend“ bewerten: „Wenn dieses Video tatsächlich gefälscht ist, dann ist es ein weiterer Teil eines wachsenden Trends falscher Inhalte im Internet.“ Dies stelle unser Verständnis darüber infrage, welche Ereignisse tatsächlich stattfinden und welche Reaktionen angemessen sind.