Die öffnung des Holzsargs im Magdeburger Dom gibt neue Einblicke in das Leben und die Gesundheit von Kaiser Otto I., dem ersten deutschen Kaiser. Experten analysieren die Gebeine und Beigaben, um mehr über seine Person und die Umstände seines Todes zu erfahren.
Öffnung des sarges im magdeburger dom und erste befunde
Im Rahmen der Sanierung des steinernen Grabmals von Otto dem Großen wurde der innenliegende Holzsarg erstmals geöffnet. Die Maßnahme erfolgte aufgrund erheblicher Schäden am Grabmal, das durch Schwankungen im Innenraumklima sowie Feuchtigkeit stark beeinträchtigt war. Der Landesarchäologe Harald Meller vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt bestätigte, dass es sich bei den Gebeinen sehr wahrscheinlich um den ersten deutschen Kaiser handelt: „Es ist wahrscheinlich Kaiser Otto, der da drin liegt. Ich hoffe, dass wir es noch beweisen können.“
Die Untersuchungen ergaben, dass das Skelett einem etwa 60-jährigen Mann gehört. Auffällig ist seine Körpergröße von circa 1,78 Metern – rund zehn Zentimeter über dem damaligen Durchschnitt –, was auf eine gute Ernährung schließen lässt. Zudem zeigen sich deutliche Hinweise darauf, dass der Mann zeit seines Lebens geritten ist; dies spiegelt sich in bestimmten Knochenmerkmalen wider.
Der Gesundheitszustand weist auf chronische Leiden hin: Arthrose an Knien und Becken sowie starke Parodontose mit Zahnsteinbildung sind sichtbar. Diese Befunde deuten darauf hin, dass der Verstorbene Schmerzen ertragen musste.
Neben den menschlichen Überresten fanden die Forscher auch textile Reste sowie pflanzliche Materialien vor. Eierschalen wurden ebenfalls entdeckt – ein typisches Element christlicher Gräber jener Zeit –, wobei vermutet wird, dass viele dieser Gegenstände bei späteren Graböffnungen hinzugefügt wurden.
Geplante analysen zur gesundheitlichen situation und todesursache
Das Team plant umfangreiche Analysen zur Klärung möglicher Krankheiten sowie zur Todesursache von Otto I.. Die gut erhaltenen Knochen ermöglichen detaillierte Untersuchungen; insbesondere soll anhand des Schädels eine Gesichtskonstruktion erstellt werden können. In etwa einem Jahr erwarten die Wissenschaftler Erkenntnisse zu Haut-, Haar- und Augenfarbe des Kaisers.
Auch die gefundenen Beigaben werden sorgfältig untersucht und konserviert – alle Arbeiten erfolgen vor Ort in Magdeburg unter Beteiligung verschiedener Fachleute aus Archäologie, Anthropologie und Konservierungstechnik.
Diese multidisziplinäre Herangehensweise soll helfen, ein möglichst umfassendes Bild vom Leben Ottos zu zeichnen sowie historische Fragen zum frühmittelalterlichen Herrscherhaus zu beantworten.
Zustand des grabmals und sanierungsmaßnahmen im magdeburger dom
Das Grabmal selbst war bereits seit längerer Zeit Gegenstand regelmäßiger Kontrollen gewesen; zuletzt hatte sich sein Zustand deutlich verschlechtert. Rostende Eisenklammern führten zu Rissen in Kalkstein- sowie Marmorflächen; Feuchtigkeitsschäden setzten sowohl dem Steinsarkophag als auch dem darunterliegenden Holzsarg erheblich zu.
Um weitere Schäden abzuwenden wurde das gesamte Grabmal temporär mit einer Schutzkonstruktion versehen. Für eine grundlegende Sanierung muss der Inhalt entnommen werden – dazu zählt auch das Herausheben des Holzsargs samt Gebeinen aus dem Steinsarkophag.
Sanierungsziele und schutzmaßnahmen
Währenddessen wird der Untergrund bearbeitet: Ziel ist es dabei unter anderem aufzusteigende Feuchtigkeit einzudämmen sowie Salze fernzuhalten – beides Faktoren mit hohem Zerstörungspotenzial für historische Materialien wie Stein oder Holz.
Nach Abschluss aller Maßnahmen sollen die Gebeine wieder eingebettet werden; geplant ist dies voraussichtlich für Spätsommer 2026. Da Teile des bestehenden Holzkastens stark zersetzt sind, wird ein neuer innenliegender Sarg angefertigt werden müssen – dessen Gestaltung erfolgt in Zusammenarbeit mit der Kunststiftung Sachsen-Anhalt.
Materialanalyse zum Holzsarg aus dem hohen mittelalter
Der aktuell vorgefundene schlichte Kiefernholzsarg besteht aus unterschiedlich alten Hölzern aus dem hohen Mittelalter. Dendrochronologische Untersuchungen legen nahe, dass er vermutlich nach einem Brand am Domjahr 1207 gefertigt wurde.
Damals waren Ottos Gebeine nach Zerstörungen beim Dombrand umgebettet worden – vermutlich entstand dieser Sarg genau dafür während eines anschließenden Neubaus.
Hebelspuren an Deckel- wie Sarkophagwand weisen auf mehrere spätere Öffnungen hin – möglicherweise durch frühere Restaurierungen oder Nachforschungen bedingt.
Während obere Partien vergleichsweise gut erhalten sind, zeigen besonders Bereiche nahe Luftöffnungen starke Schäden durch eindringende Feuchtigkeit. Noch gravierender betroffen sind untere Abschnitte, die direkten Kontakt zum feuchten Untergrund hatten.
Diese Befunde bestätigen den dringenden Handlungsbedarf bei Erhaltung dieses bedeutenden historischen Artefakts. Die laufende Sanierung soll langfristigen Schutz gewährleisten ohne Verlust wertvoller Originalsubstanz.