Die jüngsten US-Angriffe auf iranische Atomanlagen werfen Fragen zum tatsächlichen Ausmaß der Schäden auf. Während US-Präsident Donald Trump von einer vollständigen Zerstörung spricht, zeigen Berichte und Einschätzungen aus den USA, Israel und dem Iran ein differenzierteres Bild.
Unterschiedliche Bewertungen der Schäden an irans atomanlagen
Nach den Angriffen behauptet US-Präsident Donald Trump, die iranischen Atomanlagen seien „vollständig zerstört“ worden. Er erklärte am Rande des NATO-Gipfels in Den Haag, das Atomprogramm Irans sei „um Jahrzehnte zurückgeworfen“ worden. Mit Blick auf das Regime in Teheran sagte er: „Sie werden für lange Zeit keine Bomben bauen.“ Diese klare Aussage steht im Kontrast zu Berichten großer US-Medien wie der New York Times und CNN. Diese berichten von einem lediglich monatelangen Rückschlag für das iranische Atomprogramm. Trump bezeichnete diese Darstellungen als „Fake News“ und kritisierte die Medien scharf mit dem Vorwurf, ihre Ergebnisse seien „nicht schlüssig“.
Auch innerhalb der US-Regierung gibt es unterschiedliche Stimmen. Außenminister Marco Rubio äußerte sich vorsichtiger: Nach seiner Einschätzung sei Iran durch die Angriffe zwar deutlich weiter von einer Atomwaffe entfernt, doch handele es sich um einen erheblichen Schaden an verschiedenen Komponenten des Programms – ohne jedoch eine vollständige Zerstörung zu bestätigen. Er kündigte an, dass weitere Erkenntnisse über das Ausmaß der Schäden erwartet würden.
In Israel fällt die Bewertung ebenfalls zurückhaltender aus. Der Armeesprecher Effie Defrin erklärte: „Es ist noch zu früh, um die Ergebnisse des Einsatzes zu beurteilen.“ Zugleich betonte er aber: „Ich glaube, wir haben dem Atomprogramm einen schweren Schlag versetzt.“ Seiner Ansicht nach wurde das Programm um mehrere Jahre zurückgeworfen.
Das iranische Außenministerium bestätigte schwere Beschädigungen an den Anlagen. Ein Sprecher gegenüber dem Sender Al-Dschasira nannte keine Details, räumte aber ein, dass die Angriffe mit bunkerbrechenden Bomben erheblich gewesen seien.
Geheimdienstliche einschätzungen und internationale reaktionen
Geheimdienstliche Analysen zeichnen ein differenziertes Bild vom Erfolg der Angriffe auf Irans unterirdische Nuklearanlagen. Laut einem Bericht der New York Times sowie Informationen von CNN konnten insbesondere tief im Berg gelegene Anlagen wie in Fordo nicht vollständig zerstört werden. Demnach wurden vor allem Eingänge beschädigt; die unterirdischen Gebäude selbst blieben weitgehend intakt.
Der Bericht geht davon aus, dass Iran bereits vor den Angriffen große Mengen angereicherten Urans ausgelagert hatte – was eine weitere Schwächung seines Bestands erschwert hätte. CNN berichtet zudem davon, dass das Atomprogramm höchstens um wenige Monate verzögert wurde; konkret wird von weniger als sechs Monaten gesprochen.
Beide Medien weisen darauf hin, dass es sich bei diesen Einschätzungen um erste Analysen handelt und weitere Untersuchungen möglicherweise andere Schlüsse zulassen könnten.
Die Internationale Atomenergiebehörde fordert schnellen Zugang zu den angegriffenen Anlagen zur unabhängigen Bewertung des Schadensumfangs sowie zur Überprüfung vorhandener Uranbestände. IAEA-Chef Rafael Grossi bezeichnete bei einer Pressekonferenz in Wien die Rückkehr seiner Inspektoren als oberste Priorität für eine genaue Schadensanalyse.
Er verwies dabei auch auf ein Schreiben des Iran vom 13. Juni 2025 – dem Tag des Beginns israelischer Luftangriffe –, in dem Teheran besondere Schutzmaßnahmen für seine nuklearen Materialien ankündigte. Grossi deutete damit an, dass große Teile dieser Bestände möglicherweise unversehrt geblieben sind.
Gleichzeitig räumte er ein: Die Untersuchung kriegsbeschädigter Anlagen werde schwierig sein – zumal das Parlament in Teheran beschlossen hat, vorübergehend jegliche Zusammenarbeit mit der IAEA auszusetzen . Dies erschwert eine unabhängige Kontrolle zusätzlich und lässt viele Fragen offen bezüglich Umfang und Folgen der Angriffe auf Irans Nuklearprogramm.