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Spd-bundesparteitag in berlin: debatten zu verteidigung, mindestlohn und wehrpflicht im fokus

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Der Bundesparteitag der SPD in Berlin steht vor kontroversen Diskussionen zu Verteidigungsausgaben, Mindestlohn und Wehrpflicht. Die Entscheidungen fallen vor dem Hintergrund aktueller Nato-Beschlüsse und innerparteilicher Spannungen.

Verteidigungsausgaben und rüstungssteigerungen als zentrales thema

Die Planer des SPD-Bundesparteitags haben eine zeitlich interessante Dramaturgie gewählt: Kurz nach dem Nato-Gipfel, bei dem Rüstungssteigerungen beschlossen wurden, will der sozialdemokratische Finanzminister und Parteivorsitzende Lars Klingbeil die Verteidigungsausgaben Deutschlands bis 2029 auf 152,83 Milliarden Euro erhöhen – ein Plus von mehr als 60 Prozent. Diese geplante Aufstockung ist Teil einer umfassenden Strategie zur Stärkung der Bundeswehr angesichts internationaler Sicherheitsherausforderungen.

Die Erhöhung stößt innerhalb der Partei auf unterschiedliche Reaktionen. Während Verteidigungsminister Boris Pistorius einen Mix aus Freiwilligkeit und verpflichtenden Elementen für den Wehrdienst fordert, um den Bedarf an zusätzlichen Soldaten zu decken, gibt es auch kritische Stimmen aus dem linken Parteiflügel. Dort wird eine stärkere Betonung von Diplomatie gegenüber Aufrüstung gefordert. Pistorius sieht einen Bedarf von 60 000 zusätzlichen Soldaten sowie 200 000 Reservisten für die Bundeswehr. Er plädiert für neue Modelle ähnlich wie in Schweden – mit einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Freiwilligen-Engagement und Pflichtdienst.

Verpflichtende fragebögen als neuer schritt

Ein wichtiger Schritt sei laut Pistorius die Einführung verpflichtender Fragebögen für Männer ab einem bestimmten Alter zur Erfassung ihrer Eignung im Krisenfall. Dies soll helfen festzustellen, wer im Ernstfall eingezogen werden könnte beziehungsweise welche körperliche Verfassung potenzielle Wehrpflichtige haben.

Diese Pläne stoßen jedoch auf Widerstand bei Teilen der Partei sowie bei den Jusos unter Führung von Philipp Türmer. Sie lehnen verpflichtende Elemente strikt ab und könnten Initiativanträge einbringen oder unterstützen, die das Vorhaben einschränken würden. Auch prominente SPD-Mitglieder wie Rolf Mützenich oder Norbert Walter-Borjans haben sich mit einem Friedensmanifest positioniert, das vor einer Eskalation durch Aufrüstung warnt.

Insgesamt wird erwartet, dass diese Themen beim Parteitag intensive Debatten hervorrufen werden – insbesondere da sie unmittelbar mit den Koalitionsvereinbarungen zwischen SPD und CDU/CSU verknüpft sind.

Mindestlohndebatte kurz vor parteitagsbeginn sorgt für spannungen

Am Tag des Parteitags eröffnet sich eine weitere Konfliktlinie: Die Mindestlohnkommission trifft sich am Freitagmittag in Berlin zur Entscheidung über die Höhe des Mindestlohns ab 2026. Die SPD fordert eine Anhebung auf 15 Euro pro Stunde; allerdings deuten aktuelle Signale darauf hin, dass dieser Wert nicht erreicht wird.

Der Parteitag beginnt um 14 Uhr im „City Cube“ auf dem Berliner Messegelände; kurz danach spricht DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi, die Stellung zur Entscheidung nehmen muss – was zusätzliche Brisanz erzeugt. Die Union hat bereits klargestellt: Der Koalitionsvertrag gilt weiterhin ohne politische Festsetzung eines Mindestlohns von 15 Euro.

Für Vizekanzler Klingbeil bedeutet dies weiteren Handlungsdruck während eines ohnehin schwierigen Treffens seiner Partei nach Personalentscheidungen innerhalb der Führungsebene sowie seinem Aufstieg zum alleinigen starken Mann der SPD. Generalsekretär Tim Klüssendorf betont zwar: „Wenn es 14,92 Euro sind, wird es von uns keine Gesetzesinitiative geben.“ Dennoch enthalten Anträge im umfangreichen Antragsbuch zum Parteitag Forderungen nach verbindlichen mindestens 15 Euro Stundenlohn.

Rund 600 Delegierte werden erwartet; traditionell suchen sie gerne Gelegenheiten dazu, Kritik an der Führung zu üben oder ihr Denkzettel zu verpassen – was angesichts dieses Themas durchaus wahrscheinlich erscheint.

Wehrpflichtdiskussion spiegelt parteiinterne konflikte wider

Das Thema Wehrpflicht steht ebenfalls im Fokus intensiver Debatten beim Bundesparteitag in Berlin – nicht zuletzt wegen erheblicher Steigerungen bei Verteidigungs- und Rüstungsausgaben sowie neuer Vorschläge zum Dienstmodell bei der Bundeswehr durch Klingbeil und Pistorius.

Beide Politiker sprechen sich dafür aus, dass geeignete Kandidaten verpflichtet werden können sollen falls nicht genügend Freiwillige gemeldet sind; damit soll ein neuer Pflicht-Freiwilligkeits-Mix entstehen ähnlich wie etwa in Schweden umgesetzt wurde. Eine vollständige Rückkehr zur allgemeinen Wehrpflicht aller männlichen Jahrgänge ist derzeit ausgeschlossen aufgrund fehlender Infrastruktur wie Kasernen oder Ausbilderkapazitäten.

Pistorius hebt hervor: „Wir brauchen neue Modelle.“ Ein erster Schritt sei zudem das verpflichtende Ausfüllen von Fragebögen durch Männer zwecks Datenerhebung über Einsatzfähigkeit im Kriegsfall sowie körperliche Verfassung potenzieller Rekruten.

Gleichzeitig formiert sich Widerstand gegen diese Pläne innerhalb verschiedener Lager des linken Flügels inklusive Jusos unter Leitung von Philipp Türmer; dieser lehnt verpflichtende Elemente strikt ab und könnte Initiativanträge unterstützen oder initiieren gegen entsprechende Gesetzesentwürfe aus Regierungskreisen mit CDU/CSU-Koalitionären Beteiligten an Bord.

Darüber hinaus liegt bereits ein Antrag vor mit Forderung nach allgemeiner Wehrpflicht für alle Geschlechter inklusive Ersatzdienstoptionen – was weitere kontroverse Diskussionen erwarten lässt. Generalsekretär Klüssendorf kündigt einen „Debattenraum“ an als Plattform für diese Auseinandersetzungen während des dreitägigen Treffens.

Parteiführung unter druck wegen wahlverlusts und personellen entscheidungen

Neben Sachfragen prägt auch interne Machtpolitik den Verlauf des Bundeskongresses: Am Freitagnachmittag steht eine Aussprache über Ursachen der historischen Niederlage bei Bundestagswahlen bevor sowie darüber diskutiert wird welche Veränderungen nötig sind.

Geplant ist zudem ein neues Grundsatzprogramm als Antwort auf veränderte gesellschaftliche Bedingungen seit dem bisherigen Programm aus dem Jahr 2007. Generalsekretär Klüssendorf formuliert klar das Ziel einer Rückbesinnung auf Arbeitsthemen:
„Unsere Antwort muss größer sein als kleinteilige Angebote.“

Im Anschluss erfolgt Wahl neuer Vorsitzender neben Klingbeil selbst; besonders Bärbel Bas gilt als Favoritin für Co-Vorsitz. Klingbeil droht mögliche Abstrafung durch Delegierte aufgrund seiner bisherigen Entscheidungen. Am Samstag verabschieden sich Olaf Scholz sowie Saskia Esken offiziell vom Vorsitz nach fünfeinhalb Jahren Amtszeit; Eskens Umgang innerhalb mancher Partei-Kreise hatte Unmut gegenüber Klingbeils Führungsstil verstärkt.

Beim letzten regulären Bundesparteitag erhielt Klingbeil noch Zustimmung von rund 85 Prozent. Juso-Chef Benedict Lang äußert deutliche Kritik:
„Klingbeil habe viele Genossen enttäuscht.“
Er fordert klare Positionierungen etwa zum AfD-Verbot oder solidarischer Migrationspolitik statt Spaltungstaktiken zwischen Erwerbstätigen versus Sozialhilfeempfängern. Lang zeigt Skepsis bezüglich großer Wirkung eines neuen Grundsatzprogramms:
„Wer Regierungspolitik will passend zum Programm gestalten,“ so Lang,
muss Politik ändern statt nur Programme.

Diese Aussagen spiegeln Spannungsverhältnisse wider zwischen Basisbewegung Jusos einerseits sowie etablierter Führung andererseits.

Aktuelle außenpolitische themen israel/gaza-konflikt und afd-verbot stehen ebenfalls auf agenda

Neben innerparteilichen Fragen behandelt der Parteitag auch außenpolitische Herausforderungen:
So soll erneut Druck erhöht werden zugunsten Verbesserung humanitärer Lage in Gaza durch Israel samt Beendigung militärischer Angriffe dort. Dieses Thema dürfte weniger kontrovers verlaufen verglichen mit anderen Punkten.

Eine weitere wichtige Vorlage betrifft Vorbereitung eines Verbotsverfahrens gegen die rechtspopulistische AfD gemäß Antrag des Vorstandes; dieser Antrag trägt Titel „Wehrhafte Demokratie heißt handeln.“
Die Union zeigt Skepsis gegenüber Erfolgsaussichten solcher Verfahren, doch Generalsekretär Klüssendorf äußert Zuversicht hinsichtlich ausreichender Beweislage für erfolgreiche Umsetzung dieses Vorhabens.

Der Abschluss am Sonntag verspricht somit nochmals intensive politische Auseinandersetzungen sowohl intern als auch extern bezogen auf demokratische Werteverteidigung.

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