Die Europäische Umweltagentur hat aktuelle Daten zu Verkehrslärm in 31 europäischen Ländern veröffentlicht. Der Bericht zeigt, dass mehr als jeder fünfte Europäer dauerhaft hohen Lärmpegeln ausgesetzt ist, die sowohl die Gesundheit als auch Umwelt und Wirtschaft beeinträchtigen.
Hohe verkehrslärmbelastung betrifft über 100 millionen europäer
Der neue Bericht der Europäischen Umweltagentur dokumentiert, dass etwa 112 Millionen Menschen in den analysierten 31 Ländern Europas von Verkehrslärm betroffen sind. Dieser Lärm stammt vor allem vom Straßen-, Bahn- und Flugverkehr und überschreitet die von der EU festgelegten Schwellenwerte deutlich. Die EEA betont, dass diese Belastungen nicht nur unangenehm sind, sondern erhebliche gesundheitliche Risiken bergen. Besonders auffällig ist dabei der Straßenverkehr als Hauptquelle des Umgebungslärms.
Die Daten basieren auf Erhebungen aus dem Jahr 2021 und umfassen neben den 27 EU-Mitgliedstaaten auch Island, Liechtenstein, Norwegen sowie die Schweiz. In Deutschland leben schätzungsweise fast 22 Millionen Menschen mit einem durchschnittlichen Tageslärmpegel über 55 Dezibel – das entspricht rund einem Viertel der Bevölkerung. Für den nächtlichen Zeitraum wurde ein Schwellenwert von 50 Dezibel angesetzt; hier waren knapp 15 Millionen Menschen betroffen.
Die EEA warnt davor, dass sich die Verringerung dieser Belastungen nur langsam vollzieht. Das Ziel der EU, bis zum Jahr 2030 eine Reduktion um mindestens dreißig Prozent bei chronisch Betroffenen zu erreichen, erscheint ohne zusätzliche Maßnahmen unrealistisch. Die Behörde fordert daher verstärkte Anstrengungen auf nationaler wie europäischer Ebene sowie einen besseren Zugang zu ruhigen Grünflächen in urbanen Gebieten.
Gesundheitliche folgen des verkehrslärms besonders für kinder gravierend
Verkehrslärm zählt laut dem Bericht zu den bedeutendsten umweltbedingten Gesundheitsrisiken Europas – nach Luftverschmutzung und temperaturbedingten Einflüssen belegt er Platz drei unter diesen Gefahrenquellen. Während Straßenverkehr vor allem städtische Regionen prägt, bleiben Schienen- und Fluglärm wichtige lokale Faktoren insbesondere entlang großer Bahnstrecken oder nahe Flughäfen.
Langfristige auswirkungen auf gesundheit und entwicklung
Langfristige Lärmbelastung steht im Zusammenhang mit einer Vielzahl negativer Gesundheitsfolgen: Herz-Kreislauf-Erkrankungen nehmen ebenso zu wie psychische Leiden oder Diabetes; sogar vorzeitige Todesfälle werden damit assoziiert. Besonders anfällig zeigen sich Kinder und Jugendliche: Der Lärm kann ihre kognitive Entwicklung beeinträchtigen – etwa durch Leseschwächen oder Verhaltensauffälligkeiten –, zudem steigt das Risiko für Fettleibigkeit bei jungen Menschen infolge stressbedingter Mechanismen.
Diese Erkenntnisse verdeutlichen die Dringlichkeit eines umfassenden Schutzes gegen Verkehrslärm gerade für vulnerable Bevölkerungsgruppen sowie eine stärkere Integration lärmmindernder Maßnahmen im Stadtplanungsprozess.
Lärm belastet naturökosysteme und verursacht hohe wirtschaftliche kosten
Neben direkten Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit führt Verkehrslärm laut EEA-Bericht auch zu erheblichen Störungen im Tierreich an Land wie unter Wasser. Viele Arten reagieren empfindlich auf dauerhafte Geräuschbelastung; dies kann ihr Verhalten verändern oder Lebensräume unbrauchbar machen – was langfristig Biodiversitätsverluste begünstigt.
Darüber hinaus entstehen durch krankheitsbedingte Ausfälle sowie soziale Folgekosten jährlich immense finanzielle Belastungen für Europa: Die geschätzte Summe beläuft sich auf mindestens 95,6 Milliarden Euro pro Jahr aufgrund eines Verlusts von rund 1,3 Millionen gesunden Lebensjahren infolge verkehrsbedingtem Umgebungslärm allein.
Diese Zahlen verdeutlichen nicht nur das Ausmaß des Problems sondern auch dessen Vielschichtigkeit: Es handelt sich um eine Herausforderung mit weitreichenden Folgen für Gesellschaften ebenso wie Ökosysteme innerhalb Europas – deren Bewältigung koordinierte politische Strategien erfordert.
