Der Prozess um dubiose Zahlungsflüsse rund um die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland nähert sich seinem Ende. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Geldstrafe gegen den Deutschen Fußball-Bund wegen Steuerhinterziehung.
Staatsanwaltschaft fordert hohe geldstrafe für den dfb
Die Staatsanwaltschaft hat am Montag vor dem Landgericht Frankfurt eine Strafe von 270 000 Euro gegen den Deutschen Fußball-Bund gefordert. Hintergrund ist der sogenannte Sommermärchen-Skandal, der seit März 2024 Gegenstand eines umfangreichen Gerichtsverfahrens ist. In diesem Verfahren geht es um undurchsichtige Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit der WM 2006, die zu einer mutmaßlichen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe geführt haben sollen.
Konkret wirft die Anklage dem DFB vor, etwa 2,7 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben – und zwar in einem „besonders schweren“ Fall. Oberstaatsanwalt Jesco Kümmel betonte bei seinem Plädoyer: „Wir haben es hier nicht mit einem Kleingartenverein zu tun, sondern mit dem größten Sportvorband der Welt.“ Er kritisierte das Verhalten des Verbandes scharf und stellte fest: „Der DFB hat sich nicht sonderlich mit Ruhm bekleckert und mehr als unglücklich agiert.“ Das Verfahren umfasst mittlerweile knapp zehn Jahre Ermittlungen und juristische Auseinandersetzungen.
Widerspruch der verteidigung
Die Verteidigung des DFB wies die Vorwürfe vehement zurück. Der Anwalt des Verbands, Jan Olaf Leisner, argumentierte: „Es ist kein fiskalischer Schaden eingetreten. Es kommt darauf an, dass es eine Betriebsausgabe war, die steuerlich abzugsfähig ist.“ Er forderte einen Freispruch für den Verband und beklagte das jahrelange Leiden unter dem Verfahren.
Das Urteil wird nach insgesamt 33 Verhandlungstagen am Mittwoch erwartet. Die Entscheidung dürfte weitreichende Folgen für den größten deutschen Sportverband haben.
Verfahren gegen frühere dfb-spitzenfunktionäre eingestellt
Im Laufe des Prozesses wurden ursprünglich drei ehemalige Spitzenfunktionäre des Deutschen Fußball-Bundes angeklagt: Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt. Diese Personen standen wegen ihrer Rolle bei den fragwürdigen Zahlungen im Fokus der Ermittlungen rund um die WM-Gala von 2006.
Inzwischen sind alle drei Verfahren gegen Zahlung von Geldstrafen eingestellt worden; somit sitzt aktuell niemand mehr auf der Anklagebank in diesem Prozessabschnitt vor dem Landgericht Frankfurt. Damit konzentriert sich das Gericht nun ausschließlich auf mögliche Verstöße durch den Verband selbst.
Richterin Eva-Marie Distler hatte bereits mehrfach angedeutet, dass sie davon ausgeht, dass der DFB zur Verantwortung gezogen wird – zumindest was finanzielle Sanktionen betrifft. Sie zeigte wenig Zweifel daran, dass ein Fehlverhalten festgestellt wurde.
Zentrale strittigkeit
Ein zentraler Streitpunkt war dabei eine Summe von insgesamt etwa 6,7 Millionen Euro – diese wurde vom DFB offiziell als Ausgabe für eine geplante WM-Gala deklariert, welche jedoch nie stattfand oder ausgerichtet wurde. Nach Erkenntnissen des Gerichts handelte es sich hierbei tatsächlich um Schmiergeldzahlungen an korrupte Mitglieder der FIFA-Finanzkommission.
Diese Zahlungen sollen auf Weisung von WM-Chef Franz Beckenbauer erfolgt sein; er habe diese Gelder im Auftrag des Verbands veranlasst beziehungsweise freigegeben – so lautet zumindest die Einschätzung aus Sicht des Gerichts bisher.
Das Verfahren zeigt damit exemplarisch auf, wie tiefgreifend Korruptionsvorwürfe auch große Sportorganisationen erschüttern können – insbesondere wenn hohe Summen aus öffentlichen Mitteln oder Sponsorengeldern betroffen sind.