Die Familie Holze aus Münster kämpft mit dem Verlust ihres Sohnes Tilman, der im Alter von 24 Jahren an einer Überdosis Fentanyl starb. Ihr Schicksal zeigt die Gefahren synthetischer Opioide und den leichten Zugang Jugendlicher zu diesen Substanzen.
Tilmans weg in die sucht und der schmerz des verlusts
Tilman Holze war ein lebensfroher junger Mann, dessen Leben sich durch eine Suchterkrankung dramatisch veränderte. Seine Mutter Christiane Holze erinnert sich daran, wie sie ihn bewusstlos in seinem Zimmer fand: „Ich ahnte auch, dass ich zu spät gekommen bin.“ Der Tod ihres Sohnes am 16. März 2017 hinterließ tiefe Wunden in der Familie. Tilman begann seine Drogenkarriere mit Cannabis während seiner Schulzeit, steigerte den Konsum jedoch schnell zu einem schweren Missbrauch. Die Eltern entdeckten bald Medikamenten-Packungen in seinem Zimmer und vermuteten Kontakt zu Dealern in Münster.
Sein Bruder Titus Holze beschreibt zwei unterschiedliche Menschen: den nüchternen Tilman und den konsumierten Tilman – „ganz unterschiedlich“. Trotz wiederholter Versuche seiner Eltern, ihm Hilfe anzubieten, fiel Tilman immer wieder zurück in die Abhängigkeit. Ein Psychologiestudium in den Niederlanden brachte zunächst Hoffnung auf Besserung; doch dort kam er mit noch härteren Drogen in Kontakt – vermutlich auch mit Opioiden wie Fentanyl.
Der Weg aus der Sucht blieb für Tilman versperrt. Er brach sein Studium ab, kehrte nach Münster zurück und versuchte mehrfach Entgiftungen sowie Therapien – ohne dauerhaften Erfolg. Am Ende führte eine Überdosis zum Tod des jungen Mannes.
Fentanyl als gefährliches synthetisches opioid und seine wirkung
Fentanyl ist ein synthetisches Opioid mit einer etwa hundertfach stärkeren Wirkung als Morphin. Es wird medizinisch zur Behandlung starker Schmerzen eingesetzt, beispielsweise bei Krebs oder schweren Verbrennungen. Doch gerade diese hohe Potenz macht Fentanyl besonders gefährlich im Missbrauchskontext: Schon wenige Milligramm können tödlich sein.
Opioide wirken schmerzlindernd und erzeugen zugleich einen Rauschzustand . Sie führen schnell zur körperlichen Abhängigkeit; Entzugserscheinungen treten beim Absetzen rasch auf. Betroffene benötigen zunehmend höhere Dosen für denselben Effekt – was das Risiko einer Überdosierung stark erhöht.
Auf dem Schwarzmarkt tauchen immer neue Varianten von Fentanyl auf, oft unbekannter Stärke oder Reinheit; dies steigert das Risiko tödlicher Zwischenfälle weiter erheblich.
Neben Fentanyl sind auch andere synthetische Opioide wie Tilidin verbreitet unter Jugendlichen geworden – insbesondere seit etwa 2019 erleben diese Substanzen einen Hype innerhalb bestimmter Musik-Genres wie Rap oder Hip-Hop.
Jugendliche kontaktaufnahme mit opioiden am beispiel münster
Die Familie Holze engagiert sich aktiv gegen Drogensucht bei Jugendlichen: In Zusammenarbeit mit Schulen erzählt sie Tilmans Geschichte vor Neuntklässlern an der Gesamtschule Münster. Rund 100 Schülerinnen und Schüler hören aufmerksam zu; viele suchen anschließend das persönliche Gespräch.
Lehrer Manuel Van Megen betont die emotionale Wirkung des Vortrags: „Das nimmt einen auch emotional mit.“ Der Bruder Titus schildert eindrücklich die Angst und Verzweiflung innerhalb der Familie während Tilmans Krankheit: „Ihr glaubt nicht, wie viel bei uns geweint wurde.“
Schüler berichten offen über eigene Erfahrungen im Umfeld von Drogenkonsum: Marco sagt dazu klar „Ich kenne ein paar Leute… wo ich schon weiß, dass sie damit Kontakt haben.“
In manchen Jugendkulturen werde der Konsum von Opioiden sogar glorifiziert – besonders im Rap-Bereich spiele dies eine Rolle laut Marco: „Da geht es viel um Drogen.“
Obwohl Deutschland keine akute Opioid-Krise wie die USA erlebt, steigt laut Deutscher Beobachtungsstelle für Drogen- und Drogensucht insbesondere unter jungen Menschen zwischen 16 bis 25 Jahren der missbräuchliche Umgang mit Mitteln wie Tilidin oder Tramadol deutlich an.
Verlässliche Daten zum tatsächlichen Ausmaß fehlen jedoch weiterhin; gleichzeitig wurden staatliche Mittel zur Suchtprävention trotz Cannabislegalisierung nicht verlängert – was private Initiativen umso wichtiger macht.
Folgen für familie Holze nach tilmans tod und ihr engagement gegen drogenmissbrauch
Der Verlust von Tilman hat gravierende Folgen für seine Angehörigen gehabt: Seine Mutter litt unter Suizidgedanken; sein Bruder entwickelte Depressionen; sein Vater erlitt einen Herzinfarkt infolge psychischer Belastung. Das jüngste Familienmitglied Tobias meidet derzeit öffentliche Auftritte wegen des Schmerzes über den Verlust eines Bruders.
Vater Erhard Holze beschreibt seinen Zustand metaphorisch als bleibende Narbe voller Stabilität aber auch Leere im Herzen seit Tilmans Tod:
„Es ist eine Narbe… bleibt halt diese Narbe auch ein Begleiter… Für immer.“
Trotz allem setzt sich die Familie unermüdlich dafür ein aufzurütteln sowie Jugendliche vor ähnlichem Schicksal zu bewahren — etwa durch Vorträge an Schulen oder Gründung einer Stiftung im Namen Tilmans zur Suchtprävention.
Mutter Christiane fasst ihre Gefühle so zusammen:
„Das Thema Vergänglichkeit ist sehr präsent hier am Grab meines Sohnes … Das rückt schon nah das Ende durch so eine Erfahrung.“
Mit ihrem Engagement wollen sie Bewusstsein schaffen für Risiken synthetischer Opioide sowie Wege aus Abhängigkeit aufzeigen — um weitere Tragödien dieser Art möglichst zu verhindern.