Der russische Präsident Wladimir Putin kritisierte den Einfluss ausländischer Wörter auf die russische Sprache und forderte deren Schutz. Am 5. Juni, dem Tag vor dem Geburtstag des Nationaldichters Alexander Puschkin, sprach er sich für eine Rückbesinnung auf traditionelle kyrillische Schriftzeichen aus. Kurz darauf verabschiedete die Staatsduma ein Gesetz, das Anglizismen im öffentlichen Raum einschränkt.
Putins kritik an fremdsprachigen einflüssen in der russischen sprache
Am 5. Juni traf sich Wladimir Putin mit dem Rat der russischen Sprache und äußerte deutliche Kritik an der zunehmenden Verwendung ausländischer Begriffe im Alltag Russlands. Er bezeichnete diese Entlehnungen als „vulgär“ und „mechanisch“ und behauptete, sie würden die Sprache nicht bereichern, sondern verunreinigen sowie verzerren. Dabei übersah er ironischerweise selbst einen historischen Fremdwortimport: Das Wort „vulgar“ stammt ursprünglich aus dem Französischen – genau wie viele andere Begriffe, die durch den Dichter Alexander Puschkin ins Russische eingeführt wurden.
Putin bezog sich vor allem auf aktuelle Erscheinungen im öffentlichen Raum: Auf Plätzen, Schaufenstern oder Hinweisschildern seien immer häufiger englische Wörter wie „sale“, „open“, „coffee“, „fresh“ oder „special offer“ zu sehen. Er forderte eine stärkere Nutzung historisch-kyrillischer Buchstaben statt eines Mischmaschs mit lateinischen Symbolen. Diese Forderung mündete schnell in konkrete politische Maßnahmen.
Die Debatte zeigt deutlich Putins Bemühen um eine sprachliche Identitätspolitik, bei der es weniger um linguistische Entwicklung geht als um nationale Selbstbehauptung angesichts globaler Einflüsse. Die Kritik richtet sich gegen eine vermeintliche Dominanz westlicher Kulturzeichen im Alltag Russlands – gerade auch vor dem Hintergrund des Kriegs gegen die Ukraine.
Gesetz zum schutz der russischen sprache gegen anglizismen
Vor wenigen Tagen verabschiedete die Staatsduma ein Gesetz zum Schutz der russischen Sprache in zweiter und dritter Lesung – nach einer langen Vorbereitungszeit von zwei Jahren seit erster Einbringung des Entwurfs. Das Gesetz soll insbesondere den Gebrauch von Anglizismen im öffentlichen Raum regulieren und wird voraussichtlich ab März kommenden Jahres gelten.
Trotz heftiger Kritik von Sprachwissenschaftlern wurde das Gesetz durchgesetzt: Experten wiesen darauf hin, dass Sprache lebendig sei und fremde Lehnwörter stets Teil ihrer Entwicklung gewesen seien. Zudem befürchteten Unternehmen negative Auswirkungen auf internationale Kundenbeziehungen durch zu strenge Vorgaben zur Sprachverwendung.
Dennoch gilt Putins Äußerung faktisch als Befehl; auch der Föderationsrat wird kaum Widerstand leisten können oder wollen angesichts des politischen Klimas unter Kriegsbedingungen sowie nationaler Abschottungsbestrebungen.
Detailregelungen des neuen gesetzes
Das neue Gesetz schreibt vor, dass öffentlich sichtbare Hinweis- oder Reklameschilder ausschließlich in Russisch verfasst sein müssen; zusätzliche Angaben in anderen Sprachen sind nur erlaubt, wenn sie sinngleich übersetzt werden und nicht größer dargestellt sind als das Russische Originaltextfeld.
Diese Regel betrifft besonders Geschäftsinhaber sowie Betreiber öffentlicher Einrichtungen – deren Werbematerialien künftig streng kontrolliert werden sollen. Offene öffentliche Kritik an dieser Maßnahme ist kaum zu beobachten; wohl auch wegen politischem Druck sowie gesellschaftlicher Polarisierung infolge des Ukraine-Kriegs bleibt jede Opposition leise oder zurückhaltend.
Historische entwicklung fremdwörtergebrauchs nach sowjetunion
Nach dem Zerfall der Sowjetunion nahm Russland zahlreiche Fremdwörter insbesondere aus dem Englischen ins Vokabular auf – oft mit kyrillischer Umschrift angepasst –, was damals für Modernität stand: Begriffe wie Disainer , Karschering , Prodjusser , Miting oder Taunchaus wurden populär genutzt.
Diese Lehnwörter symbolisierten Offenheit gegenüber westlichen Märkten sowie internationalen Austauschmöglichkeiten während einer Phase wirtschaftlicher Liberalisierung Anfang bis Mitte der 1990er Jahre bis etwa 2010er Jahre hinein.
In Moskau waren englischsprachige Schilder zunehmend sichtbar; sogar Durchsagen in U-Bahnen erfolgten zeitweise mehrsprachig inklusive Englischversionen zur besseren Orientierung internationaler Besucherinnen und Besucher – Ausdruck eines urbanen Weltoffenheitsgefühls jener Zeitspanne vor Beginn militärischer Konflikte ab 2014 bzw., verschärft seit Februar 2022 mit Kriegsausbruch gegen die Ukraine.
Seitdem hat sich dieses Bild stark verändert: Die Metro stellt keine englischsprachigen Ansagen mehr bereit; viele Geschäfte verzichten zunehmend auf englische Werbung zugunsten reinrussischer Bezeichnungen wie etwa rasprodascha statt sale. Dies hängt auch damit zusammen, dass europäische Touristenzahlen drastisch gesunken sind aufgrund politischer Spannungen sowie Sanktionen gegenüber Russland.
Gleichzeitig wächst jedoch touristisches Interesse aus China; chinesische Gäste sprechen häufig Englisch als Verkehrssprache außerhalb ihres Landes –, was möglicherweise weiterhin einen gewissen Bedarf an zweisprachiger Beschilderung begründet trotz neuer gesetzlicher Restriktionen zugunsten reiner Russifizierung öffentlicher Textelemente aller Art innerhalb staatlich kontrollierter Räume.