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Psychisch kranke täter in deutschland: steigende maßregelvollzugszahlen und experteneinschätzungen

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Die Zahl der Menschen mit psychischen Erkrankungen, die im Maßregelvollzug untergebracht sind, steigt in mehreren Bundesländern deutlich an. Experten aus Psychiatrie und Kriminologie analysieren Ursachen, Risiken und Präventionsmöglichkeiten.

Zunehmende belegungszahlen im maßregelvollzug in deutschen bundesländern

Der Maßregelvollzug dient der Unterbringung von Straftätern mit schweren psychischen Erkrankungen oder Suchterkrankungen, die zum Tatzeitpunkt schuldunfähig oder vermindert schuldfähig waren. Laut einer aktuellen Umfrage des Weißen Rings ist die Anzahl der Patienten in psychiatrischen Krankenhäusern und Entziehungsanstalten bundesweit gestiegen. In Rheinland-Pfalz erhöhte sich die Zahl von 604 auf 715 , während sie in Hessen von 681 auf 950 wuchs. Noch deutlicher fiel der Anstieg in Nordrhein-Westfalen aus: Von 2 930 auf 3 323 Patienten stieg dort die Belegung im gleichen Zeitraum. Auch in Berlin nahm sie leicht zu – von 801 auf 848.

Diese Entwicklung spiegelt eine wachsende Herausforderung für das deutsche Justiz- und Gesundheitssystem wider. Der Maßregelvollzug umfasst vor allem Täter mit Körperverletzungs-, Eigentums-, Sexual- sowie Tötungsdelikten, bei denen aufgrund ihrer psychischen Verfassung ein erhöhtes Risiko weiterer Straftaten besteht. Die Dauer der Unterbringung variiert stark zwischen den Bundesländern: Während Betroffene in Hessen durchschnittlich gut sechs Jahre eingewiesen bleiben, liegt diese Zeitspanne etwa in Schleswig-Holstein bei über zehn Jahren.

Neben dem klassischen Maßregelvollzug gibt es auch Einrichtungen für Menschen mit Suchterkrankungen, welche straffällig wurden unter Drogeneinfluss oder infolge ihrer Abhängigkeit sind. Diese werden meist getrennt behandelt und untergebracht.

Risikofaktoren für gewalt durch psychisch kranke menschen laut experten

Der forensische Psychiater Henning Saß, Experte beim Weißen Ring Magazin, betont klar: „Die allermeisten Menschen mit psychischen Erkrankungen sind nicht gewalttätig.“ Dennoch gebe es bestimmte Diagnosen wie schizophrene Psychosen oder dissoziale Persönlichkeitsstörungen, bei denen das Risiko für Gewaltanwendung deutlich erhöht sei – sowohl als Täter als auch als Opfer.

Psychische Erkrankung stellt jedoch nur einen Risikofaktor dar neben weiteren Einflüssen wie Drogenkonsum, Alkoholmissbrauch, männlichem Geschlecht sowie prekären sozialen Bedingungen und Jugendalter. Saß hebt hervor: „Die beste Prävention ist eine gute psychiatrische Versorgung und eine konsequente Behandlung.“ Diese müsse über die Akutphase hinausgehen bis zur hinreichenden Stabilisierung des Patienten erfolgen.

Damit wird deutlich: Gewaltprävention erfordert ein umfassendes therapeutisches Konzept statt alleiniger Fokussierung auf Symptome oder Diagnosen. Eine frühzeitige Intervention kann helfen, Eskalationen zu verhindern.

Seltene amoktaten nehmen zu – kriminologische perspektiven zu ursachen und warnsignalen

Nach Einschätzung der Kriminologin Britta Bannenberg von der Universität Gießen handelt es sich bei Amoktaten durch psychisch belastete Personen um sehr seltene Ereignisse – deren Häufigkeit aber zuletzt zugenommen hat. Als mögliche Ursachen nennt sie gesellschaftliche Belastungsfaktoren wie die Corona-Pandemie sowie den Ukraine-Krieg inklusive deren Folgen für soziale Sicherheit und Zusammenhalt.

Bannenberg erklärt weiter: „Viele dieser Taten entstehen aus Krisen heraus; manche richten ihren Hass gegen Zugewanderte.“ Dabei seien klare Warnsignale erkennbar: Gedanken an Gewalttaten bestünden oft jahrelang; konkrete Vorbereitungen erfolgten meist vier bis acht Wochen vor Ausführung.

Ein Problem sieht Bannenberg darin, dass potenzielle Täter häufig zunächst als Querulanten abgetan würden – was gefährlich sei: „Gerade wenn explizite Aussagen fallen müssen diese intensiv abgeklärt werden.“ Frühzeitiges Erkennen solcher Signale könne präventiv wirken.

Insgesamt zeigt sich damit ein komplexes Bild aus individuellen Krankheitsbildern kombiniert mit gesellschaftlichen Stressfaktoren als Hintergrund seltener Gewalttaten durch Menschen mit schweren seelischen Störungen im Kontext des deutschen Strafrechtsystems.

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